Mit frappierender Unkenntnis über Europa hat Rafael Edward "Ted" Cruz den Zuschauern seiner Youtube-Show "The Verdict", zusammen mit Michael Knowles, einen Einblick in seine persönliche Sicht auf die Welt geboten und dabei erneut scharf gegen Nord Stream 2 gewettert. Ted Cruz gehört zu den Verfassern des skandalösen Drohbriefes an den Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen und betonte auch in der Sendung am 10. September wiederholt, dass die fast fertiggestellte Pipeline keinesfalls jemals in Betrieb gehen dürfe. Deutschland lade Putin damit ins Herz von Europa ein, so der Kommentator Michael Knowles in seiner Einleitung, in der er auch irrtümlich meint, mit Nord Stream 2 gehe es um Öltransport.
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"Putin is a bad guy"
"Putin ist ein schlimmer Typ, ein KGB-Schläger", meint der texanische Senator Ted Cruz. "Wir müssen versuchen, seine Macht zu minimieren."
Er selbst hingegen hege nur gute Absichten und wolle den Schaden "minimieren, den Putin den USA und Europa antun könnte", wobei es kurz scheint, dass er sich selbst erst daran erinnern muss, auch noch Europa zu erwähnen.
Seine Show nutzt der ambitionierte Senator weiterhin, um sich detailliert mit seinem persönlichen Wirken im Rahmen den US-amerikanischen Maßnahmen gegen Nord Stream 2 zu brüsten. Vor allem weidet sich Cruz an dem von ihm stammenden Gesetzentwurf zur Sanktionierung der am Bau der Pipeline beteiligten Firmen sowie an dem von ihm mitverfassten Drohbrief an die Schweizer Firma All Seas und alle weiteren am Projekt Beteiligten.
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Eine Frage, auf welche der Senator gar keine rechte Antwort finden kann, ist die nach der Motivation Deutschlands für diese Pipeline. Jedenfalls glaube er, dass Nord Stream 2 nicht im Interesse der deutschen Bevölkerung sei, und dennoch würde Merkel sich sehr dafür einsetzen. Auch den "langen deutschen Namen" des betroffenen Hafens, dem er mit wirtschaftlicher Vernichtung drohte, kennt er nicht so genau – was Knowles als Vorlage nutzt, um auch gleich noch ein wenig über die deutsche Sprache zu spotten.
Wie ernst es Cruz ist, betont er erneut mit seiner Warnung an alle involvierten Firmen "Wenn ihr dieses Projekt anfasst, seid ihr erledigt". Dabei hat diese Initiative entsprechende Gegenreaktionen nicht allein aus Moskau, sondern vielmehr unter anderem auch aus Deutschland nach sich gezogen, dessen Wohlergehen dem Texaner vorgeblich so am Herzen liegt. Von der Linkspartei auf Rügen über die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern bis hin zu mehreren Bundespolitikern verschiedener Parteien und sogar vom Auswärtigen Amt hagelte es Kritik an der US-Politik, die offenkundig Respekt gegenüber der deutschen Souveränität vermissen lasse.
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Nun verliere Deutschland den Verstand – ebenso Russland, rühmt Cruz die Folgen der Welle, welche er losgetreten habe, und führt weiter aus, dass Polen – aufgrund historischer Erfahrungen aus der Sowjetzeit – bereits etwas verstanden hätte, was Deutschland wohl erst noch lernen müsse. Der Republikaner, der seinen Stolz auf seine erpresserische Politik offen zur Schau stellt, vergleicht zur Verdeutlichung seiner Vorstellungen den aktuellen russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin mit dem fiktiven Paten Don Corleone von der sizilianischen Mafia. Es sei nun einmal eine wirklich schlechte Idee, sich von Corleone abhängig zu machen und so jemandem die Verantwortung für "Luft und Wasser für mein Haus" zu geben. Jedenfalls glaubt Cruz, die Pipeline würde nie gebaut, und schreibt sich selbst diesen Erfolg zu, denn er bekämpfe beide – Merkel und Putin – in diesem milliardenschweren Projekt, das wir bereits geschafft haben zu stoppen.
Win-win: US-amerikanische Interessen als Maßstab
Dabei müsse es bleiben, denn – und so kommt er zu seiner wohl zentralen Forderung – dies sei auch besser für die USA, wo Jobs geschaffen würden. Der Senator, der sich selbst auf Twitter vorstellt als der Ehemann seiner Frau, der Investmentbankerin Heidi Cruz, die er beim Präsidentschaftswahlkampf von George W. Bush im Jahr 2000 kennengelernt hatte, setzt sich seit Jahren für einen US-amerikanischen Energieboom durch Fracking ein.
Und so sei schließlich in seinen Augen durch das Ende von Nord Stream 2 eine Win-win-Situation zu erreichen. Damit kann auch Michael Knowles, der bisher offenbar davon ausging, es handele sich bei dem Projekt um Öl, sich abfinden: "First of all it serves American interests" stimmt er freudig ein und kommt bald zu seiner eigenen Auslegung der aktuellen außenpolitischen Bedrohungen. Nicht nur China mit dem "chinesischen Virus" sei eine Bedrohung, sondern auch Russland. Zu guter Letzt sind sich Knowles und Cruz auch noch darüber einig, dass die US-Demokraten bei den anstehenden Wahlen nicht siegen könnten.
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