Todesfasten: Rechtsanwältin Ebru Timtik stirbt nach 238 Tagen Hungerstreik im Gefängnis

Aus dem Hungerstreik wurde ein "Todesfasten", wie dieser in der Türkei auch genannt wird. Das Wort impliziert somit die mögliche Konsequenz eines solch radikalen Schritts. Ebru Timtik überlebte diesen nicht. Sie starb gestern Abend an den Folgen eines Herzstillstands.

Donnerstagabend um 21.10 Uhr meldete das Halkın Hukuk Bürosu, zu deutsch Anwaltskanzlei oder Rechtsbüro des Volkes, dass die Anwältin Ebru Timtik trotz Reanimierungsversuchen an einem Herzstillstand gestorben ist. Ihr Puls hatte aufgehört zu schlagen, Herzmassagen halfen nicht mehr.

Timtik war am 20. März 2019 unter der Anschuldigung, Mitglied in einer "bewaffneten Terrororganisation" zu sein, zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Sie starb in einem Krankenhaus in Istanbul, in dem sie seit vier Wochen gegen ihren Willen festgehalten worden sei.

Timtik war im Februar gemeinsam mit weiteren inhaftierten Kolleginnen und Kollegen in den Hungerstreik getreten, den sie am 5. April – dem "Tag des Anwalts" – in ein "Todesfasten" umgewandelt hatte. Sie war im März 2019 im Komplex der Verfahren gegen vermeintliche Angehörige der DHKP-C aufgrund widersprüchlicher Aussagen eines Kronzeugen nach dem türkischen Antiterrorgesetz verurteilt worden. Mit dem Todesfasten forderte sie ein gerechtes Verfahren. Zuletzt wog sie nur noch 33 Kilogramm.

Zwar stellte die Istanbuler Gerichtsmedizin bei Timtik Haftunfähigkeit fest, trotzdem wurde sie nicht aus dem Strafvollzug entlassen. Auch eine Beschwerde beim türkischen Verfassungsgerichtshof in Ankara blieb zuletzt erfolglos.

Nach den Angaben der Nachrichtenagentur ANF News ist Timtik bereits die vierte Oppositionelle aus dem DHKP-C-Verfahren, die in diesem Jahr an den Folgen eines Hungerstreiks verstarb.

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