Mitten auf dem Fußweg geht ein Mann in die Knie und spreizt die Hände auf dem mit Kieselsteinen bedeckten Boden. Dann macht er unter den wachsamen Augen mehrerer Polizisten Liegestütze. Sportkleidung trägt er nicht, der junge Indonesier hat sogar noch seinen pinkfarbenen Motorradhelm auf dem Kopf. Sein Vergehen: In Corona-Zeiten war er auf der Insel Sulawesi ohne Maske auf seinem Motorrad unterwegs und hatte – Pech für ihn – einen Kontrollpunkt der Sicherheitskräfte passiert. Die Strafe folgte auf dem Fuße, denn in Indonesien sind demütigende Turnübungen in aller Öffentlichkeit das Mittel der Wahl im Kampf gegen Corona-Regelbrecher.
Aber im weltgrößten Inselstaat werden auch noch andere Varianten vom sogenannten "Public Shaming" (zu deutsch: öffentliches Bloßstellen) angewandt, um die Corona-Regeln durchzusetzen. Beispielsweise etwa das öffentliche Singen der Nationalhymne, die erzwungene Teilnahme an Beerdigungen von COVID-19-Opfern (so geschehen in Tuban auf Java) sowie das Reinigen öffentlicher Räume in einer leuchtend-orangenen Weste mit der Aufschrift "Verletzer des Gesundheitsprotokolls".
Bis zu zehn Jahre Gefängnis
Im westafrikanischen Ghana kann den Bürgern zwischen vier und zehn Jahren Gefängnis oder bis zu 60.000 Cedi (8.800 Euro) Strafe blühen, wenn sie ohne Mund-Nase-Bedeckung erwischt werden. Präsident Nana Akufo-Addo verabschiedete im Juni ein entsprechendes Gesetz.
Auf der thailändischen Insel Koh Chang sind ein Schweizer und seine einheimische Ehefrau zu zwei Monaten Haft verurteilt worden, weil sie im April vor ihrem Haus Suppe gegessen und darüber die Zeit vergessen hatten. Als die Polizei anrückte, war es 22.20 Uhr. Das Problem: Ab 22 Uhr galt damals eine Ausgangssperre, die mittlerweile aufgehoben wurde. Die beiden sind auf Kaution auf freiem Fuß und gingen in Berufung – aber die mögliche Zeit im Gefängnis hängt wie ein Damoklesschwert über ihnen.
In Malaysia muss ein Restaurantbesitzer fünf Monate hinter Gitter. Der Mann hätte sich wegen Corona-Symptomen in Selbstisolation befinden müssen, hatte aber dennoch sein Lokal weiter geöffnet. "In der Folge mussten mehrere Dörfer in den Bundesstaaten Kedah und Perlis unter Lockdown gestellt werden", erzürnte sich der Minister für nationale Sicherheit, Ismail Sabri Yaakob. Mindestens 40 Infektionsfälle wurden in Zusammenhang mit dem Quarantäne-Verstoß bestätigt.
Knast gab es auch für einen 40-Jährigen im – für seine drakonischen Strafen bekannten – Singapur. Sein Vergehen: Der Taxifahrer hatte im April in einer Facebook-Gruppe geschrieben, dass wegen des Lockdowns Läden schließen und Supermärkte nur noch zwei Tage die Woche öffnen würden. Obwohl er den Post schon nach 15 Minuten wieder löschte, habe er damit die Leute zu Panikkäufen veranlasst, befand ein Gericht. Das Resultat: Vier Monate Haft wegen Verbreitung falscher Informationen.
In Indien hat die Polizei maskenlose Passanten, Straßenverkäufer und Rikscha-Fahrer schon zu Beginn der Pandemie mit Schlagstöcken verprügelt. Andere Regelbrecher mussten Kniebeugen machen oder wurden von Beamten mit Helmen in Form des Coronavirus erschreckt. Touristen mussten wegen eines Spaziergangs 500 Mal schreiben: "Ich habe mich nicht an die Ausgangssperre gehalten, und das tut mir sehr leid."
Großbritannien bittet zur Kasse
Zwar kommen die Behörden in Europa ohne schräge Strafaktionen oder öffentliches Bloßstellen aus, aber die Forderungen nach härterem Durchgreifen werden lauter. So hat die britische Regierung kürzlich die Bußgelder für Corona-Verstöße erhöht: Wer wiederholt gegen die Pflicht zum Tragen einer Gesichtsbedeckung in Läden oder anderen geschlossenen Räumen verstößt, muss nun bis zu 3.200 Pfund (rund 3.500 Euro) berappen – doppelt so viel wie bisher. Veranstalter illegaler Partys müssen gar mit Bußgeldern von bis zu 11.000 Euro rechnen.
In Österreich stehen bereits bis zu drei Jahre Haft auf die fahrlässige Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten. Sechs Monate Bewährung und 800 Euro Strafe gab es deshalb schon für eine infizierte 49-Jährige aus Klagenfurt, weil sie ihr Haus trotz Quarantäne verließ. Eine in Tirol lebende Deutsche muss 10.800 Euro zahlen, weil sie trotz Infekts und Quarantäne einkaufen ging und ein Taxi nahm. Die Staatsanwälte wollen auch für sie mindestens eine Bewährungsstrafe und gingen in Berufung.
Japaner brauchen keine Strafen
Nur bei den für ihre Zurückhaltung und Höflichkeit bekannten Japanern scheinen die Verhältnisse fast umgekehrt. Maske tragen sie ganz ohne Strafandrohung, und die Abstandsregeln werden ebenfalls ohne Murren eingehalten. Gemurrt wurde erst, als die Regierung kürzlich – trotz wieder steigender Fallzahlen – eine Förderkampagne zur Ankurbelung des Binnentourismus startete. Laut einer Umfrage halten das rund 80 Prozent der Japaner für stark verfrüht. Mehr als die Hälfte der Menschen von Sapporo bis Okinawa würden sich sogar wünschen, dass wieder der Notstand ausgerufen wird.
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(dpa/rt)