Die Nichterwähnung der Sowjetunion in der Rede des Bundespräsidenten hat bei vielen Fassungslosigkeit ausgelöst. Dabei war es die Sowjetunion, die den höchsten Preis für den gemeinsamen Sieg in Europa zahlte und die eine zentrale Rolle bei der Niederlage der Achsenmächte spielte. So betonte die Berliner Zeitung in einem Kommentar, es sei unmöglich, an das Kriegsende zu erinnern und dabei den Beitrag der Roten Armee zu verschweigen. Laut der Zeitung folge Steinmeier damit einer seit dem Jahr 2014 geübten Praxis, kein gutes Wort mehr über die Sowjetunion und ihren Erben Russland zu verlieren.
Auch die USA hoben die Rolle der USA und Großbritanniens beim Sieg über Nazi-Deutschland hervor. "Am 8. Mai 1945 haben Amerika und Großbritannien einen Sieg über die Nazis errungen", gab das Weiße Haus in einer Erklärung bekannt, die es am Freitagabend auf seinem offiziellen Twitterprofil veröffentlichte. Gepostet wurde auch das Video der Kranzniederlegung.
Weder in anderen Tweets, noch im Video selbst, war die Rede von weiteren Alliierten. Dass die Sowjetunion in der ohnehin kurzen Liste der Siegermächte nicht erwähnt wurde, löste im Internet viele kritische Reaktionen aus.
Der Journalist Ben Norton bezeichnete den Tweet des Weißen Hauses als "absolut falsch": "Es war die Sowjetunion, die Nazi-Deutschland besiegte, nicht die USA und Großbritannien", schrieb er. Ihm zufolge versucht Washington, die Geschichte umzuschreiben.
Um die Verfasser des Tweets an einige harte Fakten der Geschichte zu erinnern, kommentierten zahlreiche Internetnutzer mit dem ikonischen Foto eines sowjetischen Soldaten, der eine rote Fahne über dem Reichstag hisst. Jenem Foto, das seit dem 8. Mai 1945 ein Symbol für den Sieg der Sowjetunion und der Alliierten über Nazi-Deutschland ist.
Die Sowjetunion hatte im Krieg den Verlust von rund 27 Millionen Menschenleben zu beklagen, darunter 8,7 Millionen Soldaten. Dies ist die höchste Zahl an Todesopfern unter den Soldaten aller an den Kampfhandlungen beteiligter Staaten.
Die deutsche Wehrmacht erlitt ihren größten Verlust, etwa 80 Prozent oder schätzungsweise vier Millionen Soldaten, an der Ostfront. Rund eine Million deutsche Soldaten kamen nach der Landung der Alliierten in Frankreich am 6. Juni 1944 an der Westfront ums Leben.
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