Er gilt als einer der einflussreichsten Unternehmer der jüngeren Geschichte: Microsoft-Guru Bill Gates. Doch längst widmet er sich weit größeren Aufgaben als lediglich der Beglückung der Menschheit mit der hauseigenen Software. Es sind aber nicht die Kriege der eigenen Regierung, der Kampf gegen die Armut oder die globale Umweltzerstörung als primäre Ursachen für Leid, Tod und Krankheit, die den US-Milliardär dazu veranlassen, weltweit durch Talkshows und Nachrichtensendungen zu tingeln.
Für die Bill & Melinda Gates Foundation ist es der Kampf gegen Krankheiten und potenzielle Pandemien, der über das Schicksal der Menschheit entscheiden wird. Dementsprechend bildet die Entwicklung und Verbreitung von Impfstoffen den Schwerpunkt der Stiftungsarbeit – gerne in Kooperation mit einflussreichen Pharmaunternehmen.
Nachdem Washington jüngst der Weltgesundheitsorganisation WHO die Finanzierung entzog, ist Gates nun gar zum einflussreichsten (privaten) Geldgeber der internationalen Organisation aufgestiegen. Ein in den Augen vieler Experten äußerst fragwürdiger Machtzuwachs für den Silicon-Valley-Paten.
Am Dienstag hatte Trump die WHO für deren vermeintlich mangelhaftes Corona-Krisenmanagement kritisiert. Zudem schenkte die Organisation laut dem US-Präsidenten den offiziellen Informationen der chinesischen Regierung angesichts der COVID-19-Pandemie zu gutmütig Glauben. Jetzt nehme man sich Zeit, die Angelegenheit in den kommenden 60 bis 90 Tagen zu prüfen, um dann zu entscheiden, ob die Zahlungen der jährlich offiziell 500 Millionen US-Dollar wieder aufgenommen werden.
Eine Entscheidung, die Gates am Mittwoch auf Twitter kritisierte:
Die Einstellung der Finanzierung der Weltgesundheitsorganisation in einer Weltgesundheitskrise ist so gefährlich, wie es klingt. Ihre Arbeit verlangsamt die Ausbreitung von COVID-19, und wenn diese Arbeit gestoppt wird, kann keine andere Organisation sie ersetzen. Die Welt braucht die @WHO jetzt mehr denn je.
Gates selbst ist bei seinem missionarischen Eifer jedoch keineswegs auf die WHO angewiesen. So ging in der internationalen Berichterstattung fast unter, was das kleine Biotech-Unternehmen Inovio Pharmaceuticals plant. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, wird das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania damit beginnen, gesunden Freiwilligen einen potenziellen Coronavirus-Impfstoff zu injizieren.
Entwickelt wurde das medizinische Produkt mit Unterstützung der Bill & Melinda Gates Foundation und der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (kurz CEPI; deutsch etwa: Koalition für Innovationen, um auf Epidemien vorbereitet zu sein). Fünf Millionen US-Dollar soll die Gates-Stiftung investiert haben. Zu den illustren Partnern und Geldgebern des Unternehmens zählt auch die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA).
Bereits am vergangenen Montag soll der erste Test an einem Menschen mit dem experimentellen Impfstoff vorgenommen worden sein. Für Inovios Impfstoffstudie rekrutiert das Unternehmen aktuell bis zu 40 gesunde erwachsene Probanden an der medizinischen Fakultät der University of Pennsylvania in Philadelphia und am Center for Pharmaceutical Research in Kansas City.
Jeder Freiwillige erhält demnach zwei Dosen des Impfstoffs im Abstand von vier Wochen. Laut dem aufstrebenden Biotech-Unternehmen rechnet man bis zum Spätsommer mit verwertbaren Ergebnissen des Testlaufs. Sollten die Ergebnisse positiv ausfallen, werde man eine weitere Studie starten, die sich dann auf die Bewertung der Wirksamkeit des Impfstoffs gegen das Virus konzentrieren werde.
Das Mittel INO-4800 ist der zweite potenzielle Coronavirus-Impfstoff, der in den USA am Menschen erprobt werden soll. Das Biotech-Unternehmen Moderna aus Massachusetts begann bereits Mitte März eine eigene "Sicherheitsstudie".
Derweil erklärte der langjährige Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten an den National Institutes of Health Anthony Fauci wiederholt, dass es mindestens ein Jahr dauern werde, bis man Gewissheit darüber erlangen könne, ob ein Impfstoff sicher und wirksam gegen das Virus sei.
Angesichts der potenziell enormen Nachfrage nach einem Impfstoff gegen das Coronavirus winken dem Unternehmen womöglich satte Gewinne. Nach Inovio-Angaben bereitet man sich schon einmal auf diese rosigen Zeiten vor, indem die Produktionskapazitäten allmählich hochgefahren werden. Ziel sei es, bis Ende 2020 eine Million Impfstoff-Dosen zur Verfügung zu stellen.
Mit einem Kursplus von über 500 Prozent innerhalb weniger Wochen zählt Inovio Pharmaceuticals zu den größten Profiteuren. Kein Wunder – gibt das Unternehmen doch vor, noch 2020 eine wirksame Impfung gegen COVID-19 zu lancieren", hieß es in diesem Zusammenhang bei wallstreet:online.
Das ist genauso skeptisch gemeint, wie es klingt. Demnach habe das Unternehmen in seiner knapp 40-jährigen Firmengeschichte "sage und schreibe null (!) pharmazeutische Präparate auf den Markt gebracht". Dafür habe man aber in Sachen PR immer ganz vorne mitgespielt. Sei es die Schweinegrippe, Ebola, MERS, Zika oder sonst ein Virus der vergangenen Jahre, stets sei Inovio Pharmaceuticals zur Stelle gewesen, um ein vermeintliches "Heilmittel in progress" zu präsentieren. Aufgrund der dubiosen Geschäftspraktiken rate man dazu, "die Finger von diesem Papier zu lassen".
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Derlei Kritik hielten die US Food and Drug Administration (FDA) jedoch nicht davon ab, dem Unternehmen die Genehmigung für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs zu erteilen.
Dies ist ein bedeutender Schritt vorwärts im globalen Kampf gegen COVID-19. Ohne einen neuen sicheren und wirksamen Impfstoff wird die COVID-19-Pandemie wahrscheinlich weiterhin Leben und Lebensgrundlagen bedrohen", kommentierte Inovio-Präsident und CEO J. Joseph Kim.
Derweil plant Gates ganz im Stil eines unternehmerischen Visionärs bereits weiter. Wie er in der US-Sendung The Daily Show Anfang April verriet, werde man die sieben vielversprechendsten Impfstoffkandidaten auswählen und den entwickelnden Unternehmen beim Aufbau entsprechender Produktionskapazitäten unterstützend zur Seite stehen.
Es werden ein paar Milliarden Dollar sein, die wir für die Herstellung der Konstruktionen verschwenden werden, die [dann vielleicht, Anm. d. Red.] nicht ausgewählt werden, weil etwas anderes besser ist. Aber ein paar Milliarden in dieser, der Situation, in der wir uns befinden, wo Billionen von Dollar [...] wirtschaftlich verloren gehen, das ist es wert", erklärte der aus dem Vollen schöpfende Multimilliardär am 3. April.
100 Millionen US-Dollar haben Bill Gates und seine Frau Melinda demnach mittels ihrer Stiftung bereits in ihren Kampf gegen das Coronavirus investiert.
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