Angesichts der Corona-Pandemie (COVID-19) sollten sich alle Reiserückkehrer aus Italien, Österreich und der Schweiz nach Empfehlung des Bundesgesundheitsministeriums selbst in Quarantäne begeben. Minister Jens Spahn und sein Ministerium schrieben am Freitagabend jeweils auf Twitter:
Wenn Sie innerhalb der letzten 14 Tage in Italien, in der Schweiz oder in Österreich waren: Vermeiden Sie unnötige Kontakte und bleiben Sie zwei Wochen zu Hause.
Dies gelte "unabhängig davon, ob Sie Symptome haben oder nicht". Europa ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jetzt weltweit die am schwersten von der Coronavirus-Pandemie betroffene Region der Welt.
Bisher war eine Isolation überwiegend für Menschen empfohlen worden, die Symptome einer COVID-19-Erkrankung wie etwa Fieber zeigen. Vor allem in Italien und der Schweiz breitet sich die Krankheit stark aus, in Österreich ist besonders das Bundesland Tirol betroffen.
In Europa würden mehr Infektionen und Todesfälle gemeldet als in allen anderen Ländern außerhalb Chinas zusammen, so WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Er erklärte:
Europa ist jetzt zum Epizentrum der COVID-19-Pandemie geworden. Es werden jeden Tag mehr Fälle gemeldet als auf der Höhe der Epidemie in China.
Aus China meldete die dortige Gesundheitskommission am Samstag elf neu nachgewiesene Fälle und dreizehn weitere Todesfälle. Seit Beginn der Epidemie im Dezember haben sich dort nach offizieller Statistik insgesamt 80.824 Menschen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Mehr als 65.000 haben die Krankenhäuser wieder verlassen. 3.189 Tote sind bislang in der Volksrepublik zu beklagen.
Deutschlands Nachbarländer Tschechien, Polen und Dänemark riegeln wegen der Coronavirus-Gefahr ihre Grenzen fast oder komplett für Ausländer ab. In Tschechien dürfen Deutsche, Österreicher, Schweizer und Bürger weiterer zwölf Risikostaaten seit Mitternacht nicht mehr einreisen. Dänemark will ab Samstagmittag die Grenze dichtmachen. Die Schweiz führt an ihren Grenzen – auch zu Deutschland – wieder Kontrollen ein. Österreich schließt für zunächst eine Woche viele Geschäfte und stellt zudem das Paznauntal und die Gemeinde St. Anton am Arlberg (beide Tirol) unter Quarantäne. In Spanien will Katalonien mit der Errichtung einer Sperrzone für die ganze Region die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie bekämpfen.
Das Robert Koch-Institut nahm Tirol und Madrid auf die Liste der internationalen Risikogebiete auf. Bislang zählen dazu schon Italien, der Iran, die chinesische Provinz Hubei, eine Provinz in Südkorea sowie in Frankreich das Elsass, Lothringen und die Region Champagne-Ardenne.
Sogar wo es noch erlaubt ist, wird das Reisen immer unattraktiver: Das Pariser Museum Louvre und der Eiffelturm sind geschlossen. Berlins berühmter Techno-Club Berghain sagte seine Veranstaltungen vorerst ab. Auch Bars und Kneipen Berlins sollen Mitte nächster Woche voraussichtlich geschlossen werden. Viele waren aber auch schon am Freitagabend dicht. Auch Stuttgart zieht die Notbremse: Neben sämtlichen Veranstaltungen in den Bereichen Kultur, Sport und Freizeit werde "mit sofortiger Wirkung" auch der Betrieb von Clubs, Bars, Museen, Kinos und Bädern untersagt, teilte ein Sprecher mit.
Millionen Menschen müssen sich nach diesem Wochenende jedoch erst mal um die Betreuung ihrer Kita- und Schulkindern kümmern. Aus Sorge vor einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus schließen die meisten Bundesländer Schulen und Kitas. Bis Freitagnachmittag kündigten 14 Bundesländer flächendeckende Schulschließungen an: Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, das Saarland, Berlin, Brandenburg, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery hält nichts von flächendeckenden Schulschließungen. Im rbb-Inforadio sagte er am Freitag:
Flächendeckende Schulschließungen machen in meinen Augen überhaupt keinen Sinn, weil die Folgeprobleme bei Familie, bei Krankenhäusern und bei allen anderen einfach viel größer sind.
Schulschließungen in Regionen mit besonders vielen Infektionen seien aber sinnvoll.
Mehrere Bundesländer haben Besuche in Altenheimen untersagt oder zeitlich beschränkt. Dazu zählen etwa Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Einzelne Heime haben jedoch auch eigene Regulierungen. Menschen, die aus Risikogebieten zurückkehren, wird ein Besuch vielerorts untersagt.
Im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie wollen sich die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten nach Angaben von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in einer Videokonferenz beraten. Diese Sonder-Schalte soll demnach am kommenden Montag stattfinden, wie Macron am Freitag ankündigte. Das Weiße Haus bestätigte seine Teilnahme, die USA haben derzeit den G7-Vorsitz inne.
In Deutschland sind neben nun acht Todesfällen bislang mehr als 3.200 Infektionen mit dem neuen Coronavirus bekannt. Das geht aus einer Auswertung der Deutschen Presse-Agentur hervor, die die gemeldeten Zahlen der Bundesländer berücksichtigt. Die Todesopfer in Deutschland waren zwischen 67 und 89 Jahre alt. Zudem starb ein 60-jähriger Deutscher in Ägypten.
Viele Beschäftigte in Deutschland sollen in der Corona-Krise durch öffentlich finanziertes Kurzarbeitergeld vor Arbeitslosigkeit geschützt werden. Der Bundestag beschloss am Freitag in einem beispiellosen Schnellverfahren einstimmig einen Gesetzentwurf für erleichtertes Kurzarbeitergeld. Nach der Verabschiedung im Bundestag passierte er am Freitag auch den Bundesrat.
In der Fußball-Bundesliga gibt es den ersten Corona-Fall. Aufsteiger SC Paderborn gab am Freitagabend bekannt, dass der deutsche U21-Nationalspieler Luca Kilian positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet wurde.
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(dpa/rt)