Virologe der Charité: Coronavirus wird 70 Prozent der Deutschen treffen

Ein Großteil der Bevölkerung könnte sich mit dem Coronavirus infizieren. Das schätzt der Leiter der Virologie an der renommierten Berliner Charité. Grund zur Panik besteht ihm zufolge jedoch nicht.

Das Coronavirus und die dadurch verursachte Lungenkrankheit COVID-19 breiten sich nach offiziellen Angaben weiter in Deutschland aus. Inzwischen ist die Zahl der Coronavirus-Infizierten auf 534 gestiegen.

Mit weiteren Fällen, Infektionsketten und auch Ausbrüchen in Deutschland muss gerechnet werden", heißt es beim Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin.

Das Ende der Fahnenstange ist demnach noch lange nicht erreicht. Davon ist auch der Chef-Virologe an der Berliner Charité Christian Drosten überzeugt. Nach Ansicht des Experten könnten sich ganze 60 bis 70 Prozent der deutschen Bevölkerung mit SARS-CoV-2 infizieren.

Es werden sich wahrscheinlich 60 bis 70 Prozent infizieren, aber wir wissen nicht, in welcher Zeit", prognostiziert der renommierte Virologe.

Nach Ansicht des Leiters der Virologie an der Berliner Charité kann dies durchaus "zwei Jahre dauern oder sogar noch länger".

Beruhigend dürfte das dennoch für viele nicht unbedingt klingen. Doch laut Drosten kann man das Virus "bei uns auf sehr, sehr kleiner Flamme halten".

Dies könne eine so kleine Flamme sein, "dass wir das kaum noch bemerken im Alltag", prognostiziert der Top-Virologe.

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Zum Problem werde ein Anstieg der Infektionsrate nur, wenn dieser in kurzer Zeit und komprimierter stattfinde: "Darum sind die Behörden dabei, alles zu tun, um beginnende Ausbrüche zu erkennen und zu verlangsamen."

Wenn das ganze Pandemiegeschehen, bevor das Virus zu einem landläufigen Erkältungsvirus wird und nicht mehr weiter auffällt, sich so in zwei Jahren abspielt, da können wir damit umgehen", ist Drosten überzeugt.

Dementsprechend bestünden "sehr, sehr gute Chance, die einstweilige Verbreitung dieses Virus deutlich aufzuhalten".

Wie Drosten gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung erklärte, werde sich das Coronavirus erst dann nicht weiter verbreiten, wenn zwei von drei Menschen zumindest vorübergehend immun seien, da sie die Virusinfektion bereits hinter sich hätten.

Die nun allmählich steigenden Temperaturen täten ihr Übriges, um die weitere Ausbreitung einzudämmen. Hilfreich seien dabei Wärme, die UV-Strahlung und die zunehmende Freizeitgestaltung an der frischen Luft.

Das Virus vermehrt sich nach aktuellen Erkenntnissen im Rachen. Während ein Infizierter spricht oder hustet, gibt er Tröpfchen von sich.

Die fliegen vielleicht so 1,50 Meter weit und fallen relativ schnell zu Boden. Es ist das Einatmen einer solchen Wolke, die einen infiziert in den meisten Fällen", so der Virologe.

Laut Drosten sei das Risiko, dass ein Kratzen im Hals auf eine COVID-19-Erkrankung deute, in Deutschland "unglaublich klein". Der Experte rechnet mit einer derzeitigen Sterblichkeitsrate von 0,3 bis 0,7 Prozent und erwartet, "dass sie eher noch sinken" werde.

Ich kann Ihnen vielleicht sagen, was ich mache, oder meine Familie und in meinem Freundeskreis, nämlich gar nichts. Es gibt im Moment überhaupt keinen Grund, irgendetwas zu machen", erwidert der leitende Virologe der Berliner Charité auf die Frage, was man tun sollte bzw. tun müsse, um sich vor dem Coronavirus zu schützen.

Auf den Virologen geht die Entwicklung des Testverfahrens für das Coronavirus zurück. Zudem ist er demnach Berater der Bundesregierung.