Rechts, links, merkelnah? Was die Kandidaten für den CDU-Vorsitz Merz und Laschet unterscheidet

Das Rennen um den CDU-Vorsitz hat begonnen. Als Schwergewichte gelten vor allem Friedrich Merz und Armin Laschet – zwei Männer, deren Positionen in der Partei kaum unterschiedlicher sein könnten. Auch in vielen Fragen der Innenpolitik senden sie unterschiedliche Signale.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet und Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz meldeten am Dienstag offiziell ihre Kandidatur an. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hatte bereits vergangene Woche seine Bewerbung angekündigt. Er hat allerdings keinen Rückhalt in der Partei. 

Eine einvernehmliche Lösung unter den CDU-Spitzenpolitikern, mit der eine weitere Spaltung der Partei vermieden werden sollte, war zuletzt nicht mehr möglich. Wer am Ende den Vorsitz der krisengeschüttelten Partei übernimmt, entscheiden die Delegierten am 25. April auf einem Sonderparteitag in Berlin.

Einzelgänger gegen Teammitglied

"Wir haben seit heute einen offenen Wettbewerb in der CDU", sagte Merz bei der Pressekonferenz am Dienstag. Das sei innerparteiliche Demokratie. Er vertrete eine andere Politik als Laschet, deshalb sei diese Entscheidung auch "eine Richtungsentscheidung". Merz selbst stehe für "Aufbruch und Erneuerung", Laschet für "Kontinuität". Er wolle, "dass sich diese Partei wirklich grundlegend erneuert", sagte der 64-Jährige. Merz gilt als Hoffnungsträger für alle Konservativen in der Partei, die nicht mit dem Mitte-Kurs von Kanzlerin Angela Merkel zufrieden sind.

Laschet bot sich als Versöhner für die Partei und die Gesellschaft an. Er habe versucht, mehrere der Bewerber für den Chefposten einzubinden. "Ich bedauere, dass nicht alle Kandidaten sich diesem Team-Gedanken anschließen konnten", sagte er – offensichtlich ein Seitenhieb gegen Merz. Unterstützt wird Laschet, der eher dem liberalen Flügel der CDU zugerechnet wird, von Gesundheitsminister Jens Spahn, der eher als konservativ gilt. Damit wolle er auch zeigen, dass die verschiedenen Strömungen ihren Platz haben, erläuterte Laschet. 

Merz hielt in den ARD-Tagesthemen dagegen, es gehe natürlich auch um die Frage, wer das Team führt. "Und ich habe gesagt, dass ich selbstverständlich bereit bin, auch mich mit dem Teamgedanken anzufreunden. Aber Armin Laschet hat den Anspruch erhoben, dieses Team zu führen. Ich auch."

Kartellbildung mit einem Kabinettsmitglied?

Spahn argumentierte, Laschet habe in NRW bewiesen, dass er liberale und konservative Strömungen zusammenführen könne. "Wir müssen mehr denn je zusammenstehen", sagte Spahn. Er sieht die CDU aktuell "in der größten Krise unserer Geschichte". Spahn soll bei einer Wahl Laschets Parteivize werden.

Der 59-jährige Laschet äußerte für den Fall seiner Wahl zudem seine grundsätzliche Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur. Die Frage werde mit der CSU besprochen, betonte der CDU-Vorsitzenden-Kandidat in der ZDF-Sendung "Was nun, Herr Laschet". Er ergänzte: "Aber ich bin prinzipiell dazu bereit, das zu machen."

Doch Armin Laschet profitiert von dem Bündnis mit einem Kabinettsmitglied, er ist durch Spahn gestärkt. Der Gesundheitsminister gilt als emsiger Arbeiter in der Bundesregierung. Und Spahn könnte für Laschet das rechte Spektrum abdecken. Laschet, der mitunter "Türken-Armin" genannt wurde und im Ruf stand, eher den linken Teil der CDU zu betonen, hat sich klug verstärkt. Passend betont Spahn gleich mal, jetzt brauche es einen "weltoffenen Patriotismus".

Merz hatte unmittelbar nach dem Auftritt Laschets und Spahns seine Bewerbung für den CDU-Vorsitz angekündigt. Er reagierte auf diese Strategie Laschets mit Ironie. Er habe mit dem NRW-Ministerpräsidenten über die Möglichkeit eines Stellvertreterpostens für ihn gesprochen. Aber diese Frage habe sich jetzt erledigt. "Ich spiele hier auf Sieg, und nicht auf Platz." Mit Blick auf das Duo fügte er scherzhaft hinzu:

Im richtigen Leben würde man vielleicht von einer Kartellbildung zur Schwächung des Wettbewerbs sprechen.

Wie im November 2018, als Merz zum ersten Mal für den CDU-Vorsitz kandidiert hatte und Annegrett Kramp-Karrenbauer unterlag, tritt er auch diesmal ohne Absicherung oder Rückhalt der Parteispitze an. Eine Kandidatur auf eigene Verantwortung, ohne Bündnis und ohne Rückhalt in den obersten Gremien. 

Verhältnis zu Merkel

Merz und Röttgen gelten nicht unbedingt als Freunde Merkels. Den einen hatte sie im Jahr 2002 aus dem Unionsfraktionsvorsitz verdrängt, den anderen 2012 als Umweltminister aus ihrem Kabinett geworfen. Beide versicherten aber, dass sie an Merkels Kanzlerschaft bis Herbst 2021 nicht rütteln wollten.

Armin Laschet wurde lange im Gegenzug in den Medien geradezu als "Merkelianer" gehandelt. In den letzten Tagen ist er sichtbar bemüht, sich von ihrer Politik zu distanzieren. So hat er aus der Münchner Sicherheitskonferenz Angela Merkel für "mutlose" EU-Politik kritisiert. Laschet forderte, Deutschland müsse wieder, wie in der Kanzlerschaft von Helmut Kohl, große Initiativen für Europa entwickeln. Er schlug auch vor, stärker auf Emmanuel Macron zuzugehen. 

Einem Medienbericht zufolge hat Friedrich Merz einen Posten im Bundeskabinett abgelehnt. Die scheidende Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer habe ihm am Montag vor der Präsidiumssitzung einen Ministerposten angeboten, berichtete die Bild unter Berufung auf Parteikreise. Merz lehnte demnach das Angebot in einem Telefongespräch ab.

Die stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden hätten sich dem Bericht zufolge in einer Sitzung darauf geeinigt, Merz als Minister gegenüber Merkel durchzusetzen, falls er ins Kabinett wechseln wolle. 

Mitte oder rechts? 

Laschet und Spahn stehen, ob sie wollen oder nicht, für eine grundsätzliche Fortsetzung der Ära Merkel, schreibt t-online. Es gäbe keinen Bruch mit ihrer Politik. Laschet stehe für Pragmatismus, für eine Politik der ruhigen Hand, die CDU fest in der Mitte, mit möglicherweise leicht sozialdemokratischer Färbung. Merz macht das Gegenangebot: Er steht für ein klar konservatives Profil, einen Bruch mit Merkel, die er mehrfach indirekt kritisierte. Die irrlichternde CDU will er wieder deutlich nach rechts rücken, die CDU würde der CSU wohl ähnlicher als der SPD.

"Der Wettbewerb findet auch in die Mitte hinein statt", sagt Laschet. Merz wolle immer die AfD "halbieren". Das sei zwar "wünschenswert", aber Merz hat das aus Laschets Sicht offenbar überbetont. Er sieht die CDU in der Mitte des Parteienspektrums und nicht wie Merz in der Rolle, die AfD immer weiter rechts in die Ecke zu drücken. 

Lindner unterstützt Laschet 

Im Unterschied zu seinem Rivalen Merz kann Laschet auf den Parteiapparat setzen. Er ist seit Juni 2017 der Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes NRW, das er in einer schwarz-gelben Koalition regiert. Jetzt bekommt er Rückenwind vom FDP-Chef Christian Lindner:  "Wir haben Laschet als Ministerpräsidenten kennengelernt, der jedem Partner seine Erfolge gönnt. Er pflegt zu FDP und Grünen gleichermaßen Kontakte – anders als Angela Merkel, die einseitig die Grünen hofiert hat“. Er äußerte sich auch zu Perspektiven Laschets im innerparteilichen Kampf:

Laschet hat im Unions-internen Wettbewerb einen Vorteil: Er ist kein Flügel-Mann und kann zudem gemeinsam mit Jens Spahn die volle Bandbreite der Union abdecken. 

Fraktionschef Brinkhaus: Wir sind Vollsortiment

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat im Ringen um den CDU-Vorsitz und den künftigen Kurs der Partei davor gewarnt, zu stark auf Polarisierung zu setzen. "Wenn es ständig um möglichst klare Kante geht, kommen wir zu Zuständen wie in den USA, wo sich zwei Lager so unversöhnlich gegenüberstehen". 

Es gebe in der Parteienlandschaft "inzwischen viele Spezialboutiquen mit Angeboten für bestimmte Zielgruppen", argumentierte der CDU-Politiker. "Wir sind der Vollsortimenter, der ausgehend von der Mitte der Gesellschaft alles zusammenbindet. Das hat viel mit Kompromissen zu tun."

Einen Favoriten für das Amt des Parteichefs nannte Brinkhaus explizit nicht: "Ich bleibe dabei, als Fraktionsvorsitzender werde ich mich nicht zu einzelnen Namen äußern." Er fügte aber hinzu: 

Wenn wir Volkspartei der Mitte bleiben wollen, sollten wir nicht versuchen, mit den Rezepten der 90er Jahre die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen.

Mehr zum ThemaArmin Laschet: "Sanierung West ist überfällig"

(rt/dpa)