Nach den Schüssen mit mehreren Toten im hessischen Hanau ermittelt der Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts. Der mutmaßliche Todesschütze sei ein 43-jähriger Deutscher aus Hanau, sagte Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Donnerstag im Landtag in Wiesbaden.
Hinweise auf ein "fremdenfeindliches Motiv"
Es gebe Hinweise auf ein "fremdenfeindliches Motiv". Bei der Gewalttat am späten Mittwochabend an mindestens vier verschiedenen Tatorten in Hanau seien neun Menschen gestorben, mehrere andere wurden verletzt, darunter einer schwer. Hessens Innenminister erläuterte, der Todesschütze habe am späten Mittwochabend in zwei Shisha-Bars und in einem Kiosk das Feuer eröffnet.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte, die Tat schockiere, mache sprachlos und "unendlich traurig". Er fügte hinzu:
Wir sind jetzt in einer Situation, in der wir einiges wissen, vieles noch nicht.
Er rief die Bürger auf, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen. Es sei noch zu früh für eine Beurteilung der Lage.
Kanzlerin Merkel sagt geplanten Besuch in Sachsen-Anhalt ab
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte wegen des Gewaltverbrechens einen geplanten Besuch in Sachsen-Anhalt ab. Sie werde an diesem Donnerstag nicht zum Amtswechsel an der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina nach Halle fahren, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert per Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich entsetzt über die Tat:
Meine tiefe Trauer und Anteilnahme gelten den Opfern und ihren Angehörigen. Den Verletzten wünsche ich baldige Genesung. Ich stehe an der Seite aller Menschen, die durch rassistischen Hass bedroht werden. Sie sind nicht allein. Ich bin überzeugt: Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland verurteilt diese Tat und jede Form von Rassismus, Hass und Gewalt. Wir werden nicht nachlassen, für das friedliche Miteinander in unserem Land einzustehen", hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) rief zu einem verstärkten Kampf gegen rechten Terror auf. "Rechtsterrorismus ist wieder zu einer Gefahr für unser Land geworden, betonte Maas am Donnerstag auf Twitter. Es sei längst Zeit zu erkennen: "Demokratie muss sich wehren gegen die Feinde der Freiheit." Das gelte für den Rechtsstaat. "Das gilt aber auch für uns alle."
CDU-Chefin und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb auf Twitter. "Fassungslos und traurig über die brutale Gewalttat in Hanau. Ich bin in Gedanken bei den Opfern, ihren Familien und Freunden. Die Hintergründe müssen jetzt weiter aufgeklärt werden. Gewalt aus rechtsextremen Motiven darf uns nicht ruhen lassen, wir müssen dagegen zusammenstehen."
Linke-Parteichefin Kipping: "Der rassistische Anschlag von Hanau ist kein Unfall"
SPD-Chefin Saskia Esken nannte die Tat "entsetzlich". Sie sprach auf Twitter von "rechtem Terror". Viel zu lange "haben wir uns davor gescheut, es mit klaren Worten zu benennen", schrieb Esken.
Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock twitterte: "Was für eine furchtbare Nachricht." Es sei gut, dass wegen des "offenbar rassistischen Hintergrunds" die Bundesanwaltschaft jetzt ermittele.
Linke-Parteichefin Katja Kipping twitterte in deutscher, türkischer und kurdischer Sprache: "Wir trauern". In einem weiteren Tweet meinte Kipping mit Verweis auf die AfD:
Der rassistische Anschlag von Hanau ist kein Unfall. Solche Taten werden angefeuert von rechter Hetze, die von "wohltemperierter Grausamkeit" (Höcke) und "Remigration" redet und Menschen ihre Würde abspricht.
FDP-Chef Christian Lindner betonte auf Twitter: Der "offenbar rassistische Terror" von Hanau sei erschütternd. "Dem Rechtsextremismus müssen wir uns mit aller Entschlossenheit entgegenstellen", mahnte Lindner.
Die AfD-Fraktionschefin im Bundestag, Alice Weidel, schrieb auf Twitter von einer "schrecklichen Tat" und ergänzte: "Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Den Verletzten wünsche ich schnelle und vollständige Genesung."
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth fordert Handeln gegen rechten Terror
SPD-Politiker Michael Roth stellte eine ideologische Verbindung zur AfD her. So schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter: "Das Milieu von Taten wie in Hanau wird ideologisch genährt von Faschisten wie Höcke."
Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth forderte in einer Mitteilung "endlich entsprechend" gegen rechten Terror und rechtsextreme Netzwerke zu handeln. So schrieb die Grünen-Politikerin:
Nach NSU, dem Mord an Walter Lübcke und Halle wird erneut deutlich: Nach dem Sagbaren kommt das Machbare, dem Angriff auf die Menschlichkeit folgt der Angriff auf den Menschen. Rechter Terror ist Realität in Deutschland. Rechtsextreme Netzwerke sind Realität in Deutschland. [...] Nennen wir sie also beim Namen, statt beschwichtigend von "Schießereien" oder "Einzeltätern" oder "Fremdenfeindlichkeit" zu reden. Handeln wir endlich entsprechend.
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(rt/dpa)