Zur 56. Auflage der Münchner Sicherheitskonferenz haben sich etwa 35 Staats- und Regierungschefs sowie fast 100 Außen- und Verteidigungsminister in München angesagt. Auf der Gästeliste stehen etwa die Außenminister Chinas, Russlands und des Iran, Wang Yi, Sergei Lawrow und Mohammed Dschawad Sarif, sowie der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar. Erstmals gehören der französische Präsident Emmanuel Macron und der kanadische Premierminister Justin Trudeau auch zu den Gästen. Aus den USA reisen Außenminister Mike Pompeo, Verteidigungsminister Mark Esper und Energieminister Dan Brouillette an.
Diesjähriges Motto der Sicherheitskonferenz: "Westlessness"
Zudem haben auch die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sowie Mitt Romney, parteiinterner Gegner des US-Präsidenten Donald Trump, ihr Kommen angekündigt. Romney war der einzige republikanische Senator, der für eine Amtsenthebung Trumps wegen Machtmissbrauchs gestimmt hatte.
Auch die internationale Wirtschaft wird vertreten sein – etwa durch Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Laut Veranstalter sollen bis zum 16. Februar "über 500 hochrangige internationale Entscheidungsträger" aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammenkommen und über "aktuelle Krisen und zukünftige sicherheitspolitische Herausforderungen" diskutieren.
Wie üblich verwandelt sich dafür das Luxushotel "Bayerischer Hof" samt umliegender Nachbarschaft in der Altstadt für drei Tage in einen Hochsicherheitsbereich. Rund 3.900 Polizisten sind dann im Einsatz, über der Stadt gilt in der Zeit zudem ein Flugverbot.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eröffnet die Konferenz. Im Anschluss sollen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Nancy Pelosi über den Zustand der westlichen Demokratien diskutieren. Das Motto der diesjährigen Sicherheitskonferenz lautet "Westlessness". Nach Veranstalterangaben bedeutet dies, dass sich ein "weitverbreitetes Gefühl des Unbehagens und der Rastlosigkeit angesichts wachsender Unsicherheit über die Zukunft und Bestimmung des Westens" verbreite. In den Diskussionen soll es unter anderem um folgende Frage gehen: "Wie könnte eine westliche Antwort auf wachsende Großmachtrivalitäten aussehen?"
Umweltbewegung Fridays for Future will demonstrieren
Noch vor dem offiziellen Beginn stand am Freitagmorgen am Rande der Veranstaltung eine Anti-IS-Konferenz der Verteidigungsminister an. Gastgeberin waren Annegret Kramp-Karrenbauer und ihr US-Kollege Mark Esper.
Neun Demonstrationen gegen die Konferenz sind nach Polizeiangaben angemeldet. Am Freitag will die Umweltbewegung Fridays for Future auf die Straße gehen, für Samstag ist die große Demonstration des "Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz" angekündigt – mit 4.000 erwarteten Teilnehmern.
Kurz vor Beginn der Sicherheitskonferenz kritisierte deren Leiter Wolfgang Ischinger die deutsche Außenpolitik der vergangenen Jahre. Die Ruckrede von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck im Jahr 2014 mit der Forderung nach mehr deutscher Verantwortung in der Welt habe zwar einiges in Bewegung gebracht, sagte Ischinger in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Angesichts der enormen Geschwindigkeit, in der sich die Weltpolitik entwickelt, geht mir das allerdings zu langsam. Es ist ein bisschen zu wenig mit ein bisschen zu wenig Entschlossenheit, so Ischinger.
Die militärische Kraft Deutschlands sei im Vergleich zum politischen Gewicht in Europa zu schwach, betonte der Diplomat, der die Sicherheitskonferenz seit 2009 leitet.
Ich glaube, die Nachbarn würden sich alle freuen, wenn Deutschland zumindest so viele Flugzeuge gegen den Islamischen Staat eingesetzt hätte wie Dänemark. Wir haben nämlich kein einziges eingesetzt, das schießt, sondern nur Fotos gemacht", erläuterte Ischinger.
Was gehört zu einer schlagkräftigen Diplomatie?
Dänemark hatte den IS in Syrien und im Irak zwischen 2014 und 2016 mit F16-Kampfjets bekämpft, während die Bundeswehr bis heute mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen an der internationalen Koalition gegen die Terrororganisation beteiligt ist.
Ischinger betonte:
Eine schlagkräftige Diplomatie erfordert es leider – wenn es um Krisen geht –, notfalls auch mit militärischen Mitteln drohen zu können. Das Militärische sollte man als ein Instrument unter mehreren im Instrumentenkasten haben.
Wenn man das nicht habe, werde Diplomatie häufig zur rhetorischen Hülse. Dann könne man lange beklagen, wie schlimm es in Syrien sei, aber Nullkommanichts ändern, so der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz.
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(rt/dpa)