Die Ankündigung der CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, auf die Kanzlerkandidatur der Union zu verzichten und sich in absehbarer Zeit auch vom Parteivorsitz zurückzuziehen, ist auf gemischte Reaktionen gestoßen.
Jens Spahn, selbst Aspirant auf Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz, zollte der scheidenden Parteivorsitzenden auf Twitter seinen Respekt:
Ich habe großen Respekt vor dieser unerwarteten Entscheidung. Die Trennung von Parteiführung und Kanzleramt war eine schwierige Situation. Es ist Annegret Kramp-Karrenbauers Verdienst, CDU und CSU wieder zusammengeführt zu haben. Der Zusammenhalt unserer Partei muss auch jetzt unsere Leitschnur sein.
Ähnlich äußerte sich der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder, dem selbst Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur nachgesagt werden:
Ich habe großen Respekt für die Entscheidung von AKK – auch wenn es mir leid tut. Denn wir arbeiten sehr vertrauensvoll zusammen. Aber es ist jetzt notwendig, die inhaltliche und personelle Aufstellung der CDU grundsätzlich zu klären.
Hans-Georg Maaßen, Mitglied der Werteunion und prominenter innerparteilicher Kritiker Kramp-Karrenbauers, begrüßte deren Ankündigung, sich zurückzuziehen. Auf Twitter schrieb der frühere Verfassungsschutzchef:
Eine richtige Entscheidung. Die CDU braucht jetzt einen Vorsitzenden, der Probleme löst und nicht Teil des Problems ist.
Der als liberal geltende CDU-Politiker Ruprecht Polenz, ein scharfer Kritiker der Werteunion, lobte Kramp-Karrenbauer für ihren Schritt und forderte eine klare Abgrenzung seiner Partei zur AfD:
Chapeau, Annegret Kramp-Karrenbauer. Jetzt ist jede/r Einzelne in der CDU-Führung (Präsidium, Bundesvorstand, und wer sich sonst dazu zählt) gefordert, den Ausschluss jeglicher Zusammenarbeit mit der faschistischen AfD durchzusetzen – gegenüber allen Parteigliederungen und auf allen Ebenen. Daran sollten wir messen, wer künftig die CDU führt und wer zum Kanzler kandidiert.
Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock wünschte Kramp-Karrenbauer persönlich alles Gute, zeigte sich aber besorgt über den Zustand des Landes und zweifelte an der Regierungsfähigkeit der CDU:
Persönlich alles Gute für AKK. Es ist aber eine absolut schwierige Situation fürs Land. Ich habe Sorge vor einem weiter wachsenden Machtvakuum. Die CDU muss klären, wie sie unter diesen Bedingungen eine stabile Regierung tragen kann. Alle Parteien sind jetzt gefragt, nicht parteitaktisch zu agieren, sondern eine klare Brandmauer gegen die AfD hochzuhalten. Die instabile Situation in Thüringen darf nicht auf Deutschland übergreifen.
Nach Auffassung des Linken-Vorsitzenden Bernd Riexinger stehen CDU und Grüne vor einer grundsätzlichen Richtungsentscheidung:
Mit dem Rücktritt von Kramp-Karrenbauer steht die CDU vor einer Richtungsentscheidung: Rechtsoffen à la Merz oder konsequent gegen Rechtsbündnisse. Auch die Grünen müssen sich entscheiden, ob sie für eine linke Alternative oder ein Bündnis mit der CDU stehen.
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag, sieht nach dem Rückzug Kramp-Karrenbauers die "Große Koalition" von Union und SPD am Ende. Auf Twitter schrieb er:
Die Groko ist am Ende. Das Land kann sich eine anderthalbjährige Hängepartie nicht leisten. Schluss mit dieser Regierung!
Die AfD, größte Oppositionspartei im Bundestag, nahm den angekündigten Rückzug der CDU-Chefin zum Anlass für Kritik und Spott. Der Parteivorsitzende Tino Chrupalla nannte die CDU nicht mehr regierungsfähig:
AKK-Rücktritt ist nur konsequent. Die CDU zerfällt in Konservative, die an demokratischen Grundsätzen festhalten und mit der AfD kooperieren wollen. Und jene durch Merkel geförderten Sympathisanten einer links-grünen Ideologie. Diese CDU ist nicht mehr regierungsfähig!
Die AfD-Fraktionschefin im Bundestag Alice Weidel spottete, der Linken-Politiker Bodo Ramelow stünde sicher bereit, Kramp-Karrenbauer nachzufolgen.
Nachdem Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug angekündigt hat, stünde Bodo Ramelow sicher für den CDU-Vorsitz bereit. Da käme dann zusammen, was seit Merkels 'Wahl-rückgängig-machen' zusammengehört.
Kritische Worte kamen auch vom sozialdemokratischen Koalitionspartner der Union. Der Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach schrieb auf Twitter:
Der Rücktritt von Kramp-Karrenbauer wäre nur eine Frage der Zeit gewesen. Sie hatte weder eine gute Hand noch Unterstützung für die CDU-Führung. Jetzt muss in der Nachfolge auch geklärt werden, wie die CDU zur AfD steht. Daran wird auch die GroKo hängen.
Der frühere SPD-Vorsitzende und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sprach gegenüber Bild vom Ende der CDU als Volkspartei und stellte ein baldiges Ende der "Großen Koalition" in Aussicht:
Wir erleben das Ende der zweiten großen Volkspartei in Deutschland: Nach der SPD schafft es auch die CDU nicht mehr, den Spannungsbogen innerhalb ihrer Partei zu halten. Zu sehr driften die Flügel auseinander. Gleichzeitig ist die Bundesregierung nach dem SPD-Kandidatenwettbewerb zum zweiten Mal in kurzer Zeit paralysiert. Ich vermute, es dauert nicht mehr lange, dann gibt es Neuwahlen.
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