Innenministerium verbietet rechtsextreme Gruppe "Combat 18"

Seit Monaten ist ein mögliches Verbot der Neonazi-Vereinigung "Combat 18" ein Thema. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es immer wieder, ein Verbot müsse gut vorbereitet sein, damit es vor Gericht Bestand hat. Nun ging es doch schneller als erwartet.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die rechtsextreme Gruppe "Combat 18" verboten. Das teilte das Ministerium am Donnerstag mit. Insgesamt 210 Polizisten durchsuchten am frühen Morgen mehrere Objekte in sechs Bundesländern: in Thüringen, Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Der mutmaßliche Rädelsführer Stanley R., der als wichtige Figur der Szene gilt, wurde den Angaben zufolge von der Polizei in Thüringen an seinem Arbeitsplatz angetroffen und zu seiner Wohnung gebracht, die durchsucht wurde.

Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich die gewaltbereite Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, "da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist". Sie zählt nach ihrer Einschätzung bundesweit 20 Mitglieder. "Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz", sagte Seehofer.

Die Polizisten stellten bei den Durchsuchungen laut Bundesinnenministerium neben Laptops, Tonträgern und NS-Devotionalien auch "waffenrechtlich relevante Gegenstände" sicher. Die Produktion und Verbreitung von Musik mit rechtsextremem Inhalt bildete den Angaben zufolge einen Schwerpunkt der Aktivitäten der Gruppe. Diese habe versucht, über die Musik ihre "menschenverachtende Gesinnung mit rechtsextremistischer und antisemitischer Hetze" in die Gesellschaft hineinzutragen.

In Thüringen wurden zwei Objekte durchsucht: ein Wohnhaus in Erfurt-Vieselbach, einem dörflichen Ortsteil abseits der Landeshauptstadt, und nach Angaben des Landeskriminalamts ein weiteres Objekt im Raum Eisenach. In NRW wurde laut dem dortigen Innenministerium ein größeres Mehrfamilienhaus in Castrop-Rauxel durchsucht. In Brandenburg durchsuchten Beamte laut Innenministerium zwei Wohnhäuser, eines in Wildau und eines in Eberswalde.

In Rheinland-Pfalz lief eine Durchsuchung in Trierweiler nahe Trier. "Es wurden Handys, Computer und rechtsextreme Symbole sichergestellt", sagte ein Sprecher des Landesinnenministeriums. In Hessen wurde ein Objekt durchsucht.

Die rechtsextreme Organisation gilt als bewaffneter Arm des in Deutschland verbotenen Neonazi-Netzwerks "Blood and Honour" (Blut und Ehre). Sie hat ihren Ursprung in Großbritannien und ist in mehreren europäischen Ländern aktiv. Die Zahl "18" ist ein Szenecode für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet, also A und H – die Initialen Adolf Hitlers. Symbol der Gruppe, die sich auf einen "Rassenkrieg" vorbereitet, ist ein Drache. Neonazis, die sich "Combat 18" zugehörig fühlen, tragen häufig schwarze T-Shirts oder Jacken mit der Aufschrift "C 18". Diese Symbole und Abkürzungen dürfen nach dem Verbot nicht mehr verwendet werden. Das gilt auch für das Motto der Gruppe: "Brüder schweigen – whatever it takes". Gegen die Verbotsverfügung kann die Gruppe binnen eines Monats Klage beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einreichen.

Was ein Verbotsverfahren in den vergangenen Jahren erschwert hatte, ist das von "Combat 18" propagierte Konzept des "führerlosen Widerstands" weitgehend autonomer Zellen – auch wenn die Gruppen vernetzt und nach festgelegten gemeinsamen Richtlinien handeln. Geldquelle und Gelegenheit zum Kontakt sind Rechtsrock-Konzerte.

Auf ihrer Rückfahrt von einem gemeinsamen Schießtraining in Tschechien im September 2017 wurden mutmaßliche Mitglieder einer Sektion von "Combat 18" an der deutschen Grenze von der Spezialeinheit GSG 9 gestoppt. Die Bundespolizisten fanden Munition bei ihnen – der Fall landete schließlich vor Gericht.

Rufe nach einem Verbot der Gruppe und weiterer rechtsextremer Vereinigungen gibt es schon lange. Eine neue Dringlichkeit haben sie nach dem Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erhalten, bei dem ein rechtsterroristischer Hintergrund vermutet wird. Der CDU-Politiker war im vergangenen Juni auf der Terrasse seines Hauses aus nächster Nähe erschossen worden. Haupttatverdächtiger ist Stephan E., der den Behörden wegen seiner Neonazi-Vergangenheit bekannt war. "Combat 18" hatte sich danach in einem von den Sicherheitsbehörden als echt eingestuften Video von E. distanziert.

Das Verbot von "Combat 18" kommt aus Sicht der Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic viel zu spät. "Endlich trägt man der Gefährlichkeit von 'Combat 18' Rechnung und beendet die jahrelange Verharmlosung", sagte die Bundestagsabgeordnete gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Es sei nun wichtig, alle Informationen zur Vernetzung von "Combat 18" mit anderen wesentlichen rechtsextremen Akteuren aufzubereiten. Auch mögliche Verbindungen zum mutmaßlichen Mörder von Walter Lübcke seien genau zu klären.

Für die Innenexpertin der Linkspartei Martina Renner ist das Verbot lediglich ein "symbolischer Schlag gegen die rechte Szene. Mehr nicht", schrieb die Bundestagsabgeordnete und Vizeparteivorsitzende auf Twitter. Das Verbot habe sich über mehr als ein halbes Jahr abgezeichnet. "Genug Zeit für die militante Neonazi-Gruppierung, Waffen, Finanzunterlagen beiseite zu schaffen und Kommunikation zu löschen."

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser erklärte, "Combat 18" sei "eine der radikalsten Gruppierungen in der rechtsextremen Szene". Das Verbot sei dringend geboten. Strasser warf dem Innenministerium vor, es habe "noch vor kurzer Zeit die Existenz von C-18-Strukturen in Deutschland abgestritten".

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) begrüßte das Vorgehen: "Ich bin dem Bundesinnenminister für sein entschlossenes Vorgehen gegen 'Combat 18' dankbar", erklärte er. "Mit dem Verbot sendet der Staat ein klares Signal an die rechtsextremistische Szene in der Bundesrepublik: Wir sind wehrhaft und nutzen alle Mittel des Rechtsstaats, um extremistische Strukturen zu zerschlagen."

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(rt deutsch/dpa)