Mordfall Lübcke: Verdächtiger bestreitet tödlichen Schuss und belastet zweiten Verdächtigen

Der Hauptverdächtige im Mordfall Lübcke, Stephan E., hat seine Darstellung des Tathergangs geändert und bestreitet jetzt, den tödlichen Schuss auf den Kasseler Regierungspräsidenten abgegeben zu haben. Das erklärte sein Anwalt Frank Hannig am Mittwoch in Kassel.

Sein Mandant habe bei einer erneuten Aussage vor dem Ermittlungsrichter entsprechende Angaben gemacht, sagte der Verteidiger von Stephan E., Frank Hannig, am Mittwoch in Kassel.

Stephan E. gehe davon aus, dass der ebenfalls wegen der Tat inhaftierte Markus H. den Schuss auf den Regierungspräsidenten abgegeben habe. Beide seien in der Tatnacht zum Haus von Walter Lübcke gefahren. Nach Angaben des Verteidigers wollten Stephan E. und Markus H. den Politiker lediglich mit der Waffe bedrohen und einschüchtern. Auf der Terrasse hätte es zunächst eine verbale Auseinandersetzung mit Lübcke gegeben, soll E. laut seinem Anwalt nun behaupten. Dann habe sich ein "Schuss gelöst". Die Tatwaffe soll dabei der Mittäter Markus H. in der Hand gehalten haben.

Die Angaben von E. müssen nun von den Ermittlern überprüft werden.

Stephan E. wurden für ein Geständnis Schutz und finanzielle Vorteile für seine Familie versprochen

Der CDU-Politiker Walter Lübcke war Anfang Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses im Landkreis Kassel mit einem Kopfschuss getötet worden. Stephan E. soll nach bisherigen Ermittlungen der Schütze sein. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus.

E. hatte nach seiner Festnahme ein umfassendes Geständnis abgelegt, dieses aber später widerrufen. Nach Angaben von Anwalt Hannig habe E. mit seinem früheren Geständnis Markus H. schützen wollen – ihm seien dafür Schutz und finanzielle Vorteile für seine Familie versprochen worden.

Auf eigenen Wunsch wurde Stephan E. erneut vernommen. Die zweite Vernehmung fand am Mittwoch in Kassel statt. Dort sitzt der Verdächtige in Untersuchungshaft. E. hatte ursprünglich ausgesagt, er habe seine Familie durch kriminelle Ausländer bedroht gesehen, dazu hätten ihn islamistische Anschläge stark aufgewühlt. Lübcke, der 2015 die Einrichtung einer Flüchtlingsunterkunft bei Kassel verteidigt hatte, habe er daran eine Mitschuld gegeben.

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(dpa/rt deutsch)