Vor einigen Tagen sorgte ein Video des WDR-Kinderchors für Aufregung, in dem – nachträglich als "Satire" entschuldigt – die ältere Generation für Umweltprobleme und die Erderwärmung verantwortlich gemacht wird. Im Refrain heißt es:
Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau.
Was in der Debatte um den Umwelt- und mehr noch den sogenannten Klimaschutz gerade von jugendlichen Aktivisten dankbar ausgeblendet wird, sind die stetig wachsenden Mengen an Elektroenergie, die das Internet verbraucht. Anders als die ältere Generation sind Jugendliche heute praktisch ununterbrochen und an jedem realen Ort "im Netz unterwegs".
Bereits vor zwei Wochen wies die Vizepräsidentin der neuen EU-Kommission, die Dänin Margrethe Vestager, auf dieses Problem hin. Der Funke-Mediengruppe sagte die Politikerin:
Wenn man sich zum Beispiel Filme im Internet-Streaming ansieht, ist das sehr energieintensiv. Oder nehmen Sie die Server-Hubs, die Klimaanlagen benötigen.
Der Energiekonzern Eon legte dazu – dankenswerterweise – sogar präzise Zahlen vor. Demnach benötigten Server und Rechenzentren in Deutschland im Jahr 2017 insgesamt 13,2 Mrd. kWh Strom, das entspricht dem Anteil Berlins am Gesamtverbrauch in Deutschland. Das Unternehmen zitiert einen Wissenschaftler des Borderstep-Instituts mit der Einschätzung, dass Internet-Surfen mittlerweile für einen ebenso hohen CO2-Ausstoß sorge wie der gesamte weltweite Flugverkehr. Und die Zuwachsraten seien obendrein erheblich.
Eon zitiert eine weitere Quelle mit der Aussage, dass digitale Technologien für vier Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich seien und ihr Energieverbrauch jährlich um neun Prozent wachse. Der größte Teil des Datenvolumens werde von Bewegtbildern verursacht. Das sogenannte Streamen von Videos über Plattformen wie Netflix, Amazon Prime (anstelle von anderweitig verbreiteten Datenträgern oder Rundfunk) sowie Video-Download bei Youtube und die dadurch ständig neuerlich durch das Netz zu transportierenden Datenmengen machten mit 58 Prozent bereits mehr als die Hälfte des gesamten Datentransportvolumens im Internet aus.
Laut dem Energieversorger könne jeder einzelne Nutzer dazu beitragen, den Stromverbrauch des Internets zu reduzieren. Dazu müssten etwa E-Mails regelmäßig gelöscht und ihr Zustrom begrenzt werden, dagegen sollten Cloud-Dienste und Streaming-Angebote besonders zurückhaltend genutzt werden.
Jugendliche dürften mit ihrem Konsum- und Surfverhalten erheblich mehr zum Internet-Stromverbrauch durch das Surfen in Internet beitragen als ältere Generationen. Dass dies den Nutzern im Allgemeinen und den jungen "Klimaschutz"-Demonstranten im Besonderen bewusst ist, darf allerdings bezweifelt werden – zumindest, wenn das Fach Informationstechnologische Grundbildung (ITG) gerade immer nur am Freitag auf dem Stundenplan stand. Sonst wären sie womöglich doch zurückhaltender im eigenen Verhalten und auch mit ihren Schuldzuweisungen an die ältere Generation, die tendenziell auch sonst eher einen kleineren ökologischen Fußabdruck hinterlassen wird als alle, die ihr zwangsläufig früher später mal folgen werden.
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