Am heutigen Samstag wird um 18 Uhr das Ergebnis der Mitgliederbefragung über die neue Führungsspitze der SPD bekannt gegeben. Bis Freitagabend, 24 Uhr konnten die etwa 425.000 Parteimitglieder abstimmen. Sie hatten die Wahl zwischen den Kandidatenduos Olaf Scholz und Klara Geywitz sowie Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken.
Das Kandidatenpaar Scholz/Geywitz gilt als favorisiert. Insbesondere Finanzminister Scholz erfuhr in den vergangenen Wochen deutlichen medialen Rückenwind. Unter den Abgeordneten und Regierungsmitgliedern der SPD hätte das Duo eine deutliche Mehrheit, allerdings entscheidet die Basis, und dort ist die Unzufriedenheit groß.
Deshalb wird auch ein Erfolg von Walter-Borjans und Esken nicht ausgeschlossen. Beide stehen für einen Kurswechsel der Partei. Der Fortbestand der "Großen Koalition" mit der Union wäre unter der Führung dieser beiden Politiker fraglich.
Befürworter von Scholz und Geywitz verbreiteten bereits die Befürchtung, dass die Union nach der Verabschiedung des Haushalts für 2020 bei einem Ausstieg der SPD bequem allein weiterregieren könnte, die SPD sich also durch die Wahl von Walter-Borjans und Esken selbst ins Aus manövrieren würde.
Vor der Bekanntgabe des Entscheids hat Außenminister Heiko Maas seine Partei zur Geschlossenheit aufgerufen. Der Nachrichtenagentur dpa sagte Maas:
Wer diese Mitgliederbefragung gewinnt, hat die volle Unterstützung der gesamten Partei verdient. Wir brauchen absolute Geschlossenheit, um unsere Themen der sozialen Gerechtigkeit glaubwürdig zu verkörpern.
Maas erklärte weiter, dass eine "starke SPD" dringend "als Bastion gegen die neuen rechten Nationalisten" gebraucht werde. Die Partei müsse auch für mehr internationale Zusammenarbeit und Solidarität eintreten. Freiheit, Demokratie und Frieden müssten täglich verteidigt werden.
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Für all das brauche es eine mutige, zuversichtliche und geschlossene SPD:
Wir sind mehr gefordert als jemals zuvor in den vergangenen Jahrzehnten.
Maas gilt in weiten Teilen der SPD in seinem Amt als Fehlbesetzung. Es wird bereits spekuliert, dass es im Falle eines Erfolgs von Scholz und Geywitz zu einer Regierungsumbildung kommt, um die ausgelaugt wirkende und immer unbeliebtere Koalition mit neuer Energie fortsetzen zu können.
Der Außenminister könnte in diesem Fall Martin Schulz weichen müssen, dem gescheiterten Kanzlerkandidat von 2017. Schulz war in den vergangen Wochen als Unterstützer von Scholz aufgetreten, dem er früher in inniger Abneigung verbunden war. Bei einem Erfolg von Walter-Borjans und Esken und dem dann zu erwartenden Ende der Koalition wäre Maas sein Amt ohnehin los.
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