Die andere Willkommenskultur: AfD-Vertreter wollen Unvereinbarkeitsliste kippen

Rund 250 als rechtsextrem eingestufte Gruppen stehen auf der sogenannten AfD-Unvereinbarkeitsliste. Mitglieder dieser Gruppen dürfen nicht in die Partei aufgenommen werden. Nun verlangen einige Parteivertreter, die Regelung auf dem Parteitag am Wochenende abzuschaffen.

Laut der bestehenden Unvereinbarkeitsliste dürfen aktive oder ehemalige Mitglieder der rund 250 aufgeführten Gruppierungen wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht in die AfD aufgenommen werden. Erst im Mai letzten Jahres bestätigte der AfD-Bundesvorstand in einem Beschluss die Gültigkeit der Liste. Nun verlangen einige Vertreter der Partei, die Regelung beim Parteitag am kommenden Wochenende in Braunschweig wieder abzuschaffen.

Unter den in der Liste aufgeführten Gruppierungen befinden sich unter anderem die rechtsextremen Parteien NPD, DVU, "Der III. Weg" und "Die Rechte". Zudem sind auf der Liste ebenso offen neonazistische Organisationen wie "Combat 18" und "Blood and Honour" zu finden. Auch sogenannte Reichsbürger und die "Identitäre Bewegung Deutschland" werden aufgeführt. Die Abschaffung der Unvereinbarkeitsliste wurde schon wiederholt von Vertretern des rechtsnationalen "Flügels" um den Thüringer Landeschef Björn Höcke gefordert.

Der Ausschluss der schleswig-holsteinischen Landeschefin Doris von Sayn-Wittgenstein im Jahr 2018 geht auf die Regelung zurück. Der 65-jährigen Politikerin wurden ihre Aktivitäten für den "Verein Gedächtnisstätte" zum Verhängnis, der ebenfalls in der Liste aufgeführt wird. Erst am Mittwoch hat die AfD zudem einen weiteren Politiker wegen Kontakten zur rechtsextremen Szene ausgeschlossen. Eine entsprechende Entscheidung des Bundesschiedsgerichts gegen den rheinland-pfälzischen Abgeordneten Jens Ahnemüller sei ab sofort rechtskräftig, teilte ein Sprecher der AfD-Landespartei am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP mit. Ihm wird vorgeworfen, Kontakte zu Sascha Wagner, dem ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der NPD Rheinland-Pfalz, gepflegt zu haben.

Dem Ausschluss war ein längerer Rechtsstreit vorausgegangen. Bereits im September 2018 war Ahnemüller aus der AfD-Landtagsfraktion geworfen worden. Er habe die Kontakte trotz einer Verwarnung und eindringlicher Ermahnung weiter aufrechterhalten. Der Abgeordnete klagte zunächst erfolglos gegen den Rauswurf aus der Fraktion beim rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshof in Koblenz.

Andererseits bleiben andere Verbindungen von AfD-Politikern ins rechte Lager ohne Folgen. So war der Landesvorsitzende und Fraktionsvorsitzende der AfD Brandenburg, Andreas Kalbitz, ein ehemaliges Mitglied der rechtsextremen "Jungen Landsmannschaft Ostpreußen" (im Jahr 2006 in "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" umbenannt) und nahm europaweit an verschiedenen Neonazi-Aufmärschen, darunter 2007 in Athen zusammen mit NPD-Funktionären, teil. Von 2014 bis 2015 war Kalbitz zudem Vorsitzender der vom ehemaligen SS-Hauptsturmführer und NPD-Funktionär Waldemar Schütz gegründeten rechtsextremen Vereinigung "Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit."

Hinter dem Antrag zur Abschaffung der Unvereinbarkeitsliste steht der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Stefan Räpple. Sollte die Liste nicht gekippt werden, wird in einem weiteren Antrag gefordert, zumindest die "Identitäre Bewegung" aus der Liste zu streichen. Schon jetzt gibt es nachweisbare Verbindungen zwischen der AfD und der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften "Identitären Bewegung". So gab der hessische AfD-Abgeordnete Andreas Lichert zu, als Bevollmächtigter am Kauf eines Hauses in Halle an der Saale beteiligt gewesen zu sein, das ein sogenanntes "identitäres Zentrum" beherbergt.

Er habe zwar als Bevollmächtigter den Kauf abgewickelt, sei aber seit Sommer 2018 nicht mehr Verwalter der Immobilie, erklärte Sichert. Dafür eröffnete Anfang September 2017 der AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider ein zweites Abgeordnetenbüro in dem Haus. 

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