"In die Schranken weisen!" lautet das Motto einer geplanten Protestdemonstration der NPD in Hannover am 23. November. Für die Rechtsradikalen sind die Journalisten, die den ehemaligen SS-Mann Karl Münter im November 2018 für den NDR interviewt hatten, "steuerfinanzierte Hetzer". Besonders der Reporter Julian Feldmann steht im Fokus der NPD-Proteste. Nun fordert die NPD nach eigenem Bekunden "Gerechtigkeit und Rache". Neben Feldmanns Interview mit dem ehemaligen SS-Mann kritisiert die NPD auch andere seiner Berichte aus dem rechten Milieu.
Der Interviewte war Mitglied der 12. SS-Panzerdivision "Hitlerjugend". Diese Division ist für das Massaker an 86 männlichen, an dem Anschlag unbeteiligten Zivilisten aus dem französischen Ascq als Vergeltung für einen Partisanenanschlag verantwortlich. Sieben Mitglieder der Résistance aus Ascq wurden außerdem später, am 7. Juni 1944, hingerichtet. Ein französisches Gericht verurteilte auch Karl Münter 1949 zum Tode – in Abwesenheit, was später für die Gefassten noch in 10 Jahre Arbeitslager revidiert wurde. Acht damals gefasste SS-Leute kamen 1956 frei, selbst der zu "lebenslänglich" verurteilte Kommandeur der SS-Division Walter Hauck konnte 1957 das französische Gefängnis wieder Richtung Deutschland verlassen.
Nachdem Münter 2013 aufgespürt worden war, wurde gegen ihn zwar in Deutschland im Oktober 2017 nochmals ein Verfahren von der Generalstaatsanwaltschaft Celle wegen Beihilfe zum Mord geführt, die Dortmunder Staatsanwaltschaft entschied jedoch, dass er nicht für das gleiche Verbrechen nochmals belangt werden könne. Der mittlerweile am 20. September dieses Jahres in Niedersachsen verstorbene Münter hatte sich freiwillig der SS angeschlossen.
Dass die NPD diesen "Karl" nach seiner Entlarvung als Helden feierte, störte Münter keineswegs, im Gegenteil. Er nahm 2018 auf Einladung an einer ihrer Veranstaltungen teil und signierte Autogrammkarten, auf welchen er in SS-Uniform zu sehen ist. Verbrechen der SS stritt er schlichtweg ab, und seine Bewunderung für Hitler war ungebrochen.
Einem Verbot der NPD-Demonstration wird bislang das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Artikel 8 GG) entgegengehalten. Selbst eine Kritik an Einzelpersonen begründe hierfür keine Ausnahme. Allerdings könnte nun doch noch die Aufschrift eines Flyers ein Verbot der Veranstaltung begründen. Hierauf fordert die NPD nämlich ausdrücklich "Rache für Karl". In den sozialen Medien teilen Rechtsextremisten bereits Fotos von mißliebigen Journalisten mit der Aufforderung, Informationen zu diesen Personen zu sammeln und der NPD zuzusenden. Der Verfassungsschutz Niedersachsens spricht nun von einer "Erweiterung der Bedrohungssituation" durch die NPD.
Bis jetzt sind bereits acht Gegendemonstrationen, etwa unter dem Motto "Schützt die Pressefreiheit!" oder "Bunt statt braun", gegen den NPD-Aufmarsch geplant.