Michel Friedman nach Halle-Attentat: "Nur unsichtbare Juden sind sichere Juden"

Der rechtsextremistische Attentäter von Halle (Saale) wollte möglichst viele Juden in der Synagoge töten. Das Vorhaben scheiterte. Dann erschoss er zwei Menschen. In der ARD äußerte sich Michel Friedman zum Attentat und resümierte: "Nur unsichtbare Juden sind sichere Juden."

Der ARD-Montagstalk Hart aber fair beschäftigte sich mit dem Attentat von Halle (Saale) und dem Antisemitismus in Deutschland. Nach Ansicht des Publizisten und TV-Moderators Michel Friedman ist man in Deutschland als Jude sicherer, wenn man seine Religionszugehörigkeit nicht in die Öffentlichkeit trägt. Seine Eltern hatten den Holocaust überlebt, weil sie auf Schindlers Liste standen. 

Neben Michel Friedman geladen war der Gastronom Uwe Dziuballa, der ein jüdisches Restaurant in Chemnitz betreibt. Für ihn sind Bedrohungen oder Beschimpfungen Alltag. Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD), ARD-Terrorismusexperte Georg Mascolo und die stellvertretende Parteivorsitzende der Linken Janine Wissler diskutierten ebenfalls über das Attentat von Halle, die AfD und den Antisemitismus in Deutschland. 

89 Prozent der Juden beklagen einen wachsenden Antisemitismus in Deutschland, und 44 Prozent erwägen das Land zu verlassen. Friedman zur ablehnenden Haltung gegenüber Juden: 

Wer sagt, Juden sind mir egal, der sagt, Menschen sind mir egal – und dann kann dieses Land zumachen. 

Juden seien in Deutschland nicht sicher. Die Zahl der Gewalttaten steige weiter. Friedman verwies darauf, dass jüdische Schulen noch immer Polizeischutz bräuchten und warf die Frage in den Raum, welchen Eindruck der Anblick von Polizisten mit Maschinengewehren bei jüdischen Schülern hinterlässt.

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Der Attentäter von Halle wird als Einzeltäter beschrieben. Dem Christchurch-Attentäter nachempfunden, streamte er seine Tat live und hinterließ ein Manifest des Hasses gegen Minderheiten sowie Bilder seiner selbstgebauten Waffen. 

Der Terrorismusexperte Mascolo sprach im Bezug auf den Rechtsextremismus von einer Bedrohung in Deutschland, die zu lange nicht gesehen worden sei. Man habe "in andere Richtungen geschaut". Die Linken-Politikerin Wissler forderte einen Schlussstrich unter der "Verharmlosung" antisemitischer und rassistischer Taten. Es sei falsch, den Täter als Einzeltäter zu sehen. 

Deutsche Politiker, wie der CSU-Innenminister Joachim Herrmann, sehen die AfD als geistigen Brandstifter für die Tat von Halle. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach sich für eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz aus. Strittig wurde es allein bei dem Thema Geheimdienste. Wissler sprach sich, besonders nachdem sie Teil des NSU-Untersuchungsausschusses war, für eine Auflösung der Landesämter für Verfassungsschutz aus. 

Für den jüdischen Gastronom Dziuballa hat sich die Bedrohungslage nicht gebessert, wohl aber das Verhalten der Polizei. Diese nähme die Drohungen nun ernster.

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