Von Airbus beauftragte Juristen der Wirtschaftskanzlei Roxin haben am Dienstag bei der Staatsanwaltschaft München umfangreiche Dokumentate eingereicht. Demnach hatten sich Mitarbeiter von Airbus Defence and Space im bayerischen Ottobrunn geheime Planungsunterlagen der Bundeswehr beschafft, obwohl sie dazu nicht befugt waren. Allerdings handelte es sich nicht um eine Selbstanzeige, die Ermittlungen wegen des Verrats von Geschäfts- und Dienstgeheimnissen sowie des Verdachts der Geheimnishehlerei, auch gegen Bundeswehr-Mitarbeiter, habe die Staatsanwaltschaft umgehend eingeleitet.
In einer Pressemitteilung des Unternehmens hieß es am Mittwoch:
Airbus SE hat die deutschen Behörden proaktiv über den möglicherweise rechtswidrigen Umgang einzelner Mitarbeiter mit Kundendokumenten informiert, die im Zusammenhang mit zwei künftigen deutschen Beschaffungsprojekten der Programme Line Communications, Intelligence and Security stehen.
Die proaktive Offenlegung geht auf eine laufende interne Prüfung mit Unterstützung einer externen Anwaltskanzlei zurück. Das Unternehmen unterstützt die zuständigen Behörden in vollem Umfang bei der Aufklärung der Angelegenheit.
Die Staatsanwaltschaft München hat nach eigenen Angaben Ermittlungen gegen "mehrere Mitarbeiter" des Airbus-Konzerns eingeleitet sowie Akten und Computer sichergestellt, der Konzern hatte 17 Mitarbeiter "freigestellt". Für die genannten Straftatbestände sieht das Gesetz laut Staatsanwaltschaft einen Strafrahmen von einer Geldstrafe bis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren vor. Bis zu fünf Jahre stehen auf den Verrat von Dienstgeheimnissen – also für Bundeswehr-Mitarbeiter.
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Gegen die Beschuldigten "und weitere, bislang unbekannte Täter" laufe ein Verfahren "wegen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (bzw. Anstiftung hierzu)", erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Donnerstag.
Laut Verteidigungsministerium (BMVg ) sind zwei nicht weiter benannte Vorhaben der Bundeswehr betroffen. Airbus habe das Verteidigungsministerium am Dienstag informiert, sagte Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) im oberfränkischen Kloster Banz. "Seitdem laufen auch bei uns, laufen auch in der Bundeswehr die eigenen Ermittlungen." Ihr Ministerium arbeite eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen. Das Ministerium informierte auch Verteidigungspolitiker im Bundestag über den Fall.
Die Dokumente stammten augenscheinlich von einer Behörde, die dem Verteidigungsministerium unterstehe, erklärte die Staatsanwaltschaft. "Die Unterlagen betreffen die unterste Geheimhaltungsstufe VS-NfD", teilte die Sprecherin mit. Anders als bei Dokumenten aus den Kategorien "Geheim" oder "Vertraulich", wird in dieser Kategorie "Nur für den Dienstgebrauch" nicht der Staatsschutz eingeschaltet.
Wie das Unternehmen mitteilte, stehen die betroffenen Projekte im Zusammenhang "mit zwei künftigen deutschen Beschaffungsprojekten der Programme Line Communications, Intelligence and Security". Es geht dabei um Kommunikationsprojekte.
Wichtig ist, dass es zwei Projekte aus einem eher kleinen Geschäftsbereich der Verteidigungskommunikation sind und nicht die großen Projekte betrifft: Militärflugzeuge, Drohnen und Raumfahrt. Bei diesen geht es um die Kontinuität", zitierte die Deutsche Presse-Agentur Unternehmenskreise.
Laut Spiegel geht es jedoch um ein bedeutendes und potenziell lukratives Satellitenprojekt. Demnach handele es sich um Papiere über die Planungen zum Ausbau des bereits laufenden Projekts "SATCOMBw", das dem deutschen Militär weltweit abhörsichere Kommunikation ermöglichen soll und vor allem für die Auslandseinsätze wichtig ist. Die Papiere stammen demnach aus dem Planungsamt der Bundeswehr.
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Airbus gehört zu den Großlieferanten der deutschen Streitkräfte. Im Bereich der satellitengestützten Kommunikation ist Airbus seit Jahren Auftragnehmer der Bundeswehr. Das Unternehmen macht sein Geschäft im Bereich Luft- und Raumfahrt sowie den dazugehörigen Dienstleistungen, im zivilen Bereich konnte es seinen Marktanteil in China auf 50 Prozent ausweiten. Im militärischen Bereich entwickelt Airbus Satelliten beispielsweise auch für das britische Verteidigungsministerium. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr 64 Milliarden Euro.
Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker der Grünen, sprach von einem "handfesten Skandal". Der FDP-Politiker Karsten Klein sieht "das Vertrauensverhältnis zum Unternehmen" belastet. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), will den Vorgang auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung am Mittwoch kommender Woche setzen.
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