Angst vor Atomunfall: Bund kauft zur Vorsorge knapp 190 Millionen Jodtabletten

Für den Fall eines schweren Atomunfalls hat Deutschland knapp 190 Millionen Jodtabletten beschafft. Der Kreis der möglichen Empfänger wurde ausgeweitet. Die Strahlenschutzkommission empfahl dies nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima.

Bei einem Hersteller in Österreich hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 189,5 Millionen Jodtabletten bestellt. Wie eine Sprecherin der Behörde in Salzgitter erläuterte, wurden bisher Jodtabletten für die Bevölkerung vorgehalten, die weniger als 20 Kilometer von einem Kernkraftwerk entfernt lebt. Im Umkreis von 100 Kilometern sollten zusätzlich Kinder und Jugendliche sowie Schwangere versorgt werden.

Mit der Neuanschaffung der Tabletten folgt das Bundesamt einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission. Hintergrund war eine Überprüfung des Notfallschutzes nach den Erfahrungen der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima.

Künftig im Umkreis von 100 Kilometern Jodtabletten an alle

Künftig soll nun die gesamte Bevölkerung im Umkreis von 100 Kilometern Jodtabletten erhalten; Schwangere, Kinder und Jugendliche sogar im ganzen Bundesgebiet. Die hoch dosierten Jodtabletten sollen verhindern, dass die Schilddrüse nach einem Reaktorunfall radioaktives Jod aufnimmt.

Im Fall eines schweren Unfalles sollen 13- bis 45-Jährige zwei Jodtabletten einnehmen, jüngere Kinder weniger. Grundsätzlich genüge eine einmalige Einnahme der Dosis, mehr sei nur nötig, wenn es in Abhängigkeit von der radiologischen Lage empfohlen werde.

Erwachsene älter als 45 Jahre sollten keine Jodtabletten einnehmen – mit steigendem Alter treten häufiger Stoffwechselstörungen der Schilddrüse auf", hieß es vom Bundesamt für Strahlenschutz.

Die Kosten für die Tabletten von 8,4 Millionen Euro werden vom Bund getragen, Verteilung und Lagerung liegt in der Verantwortung der Länder, teilte das Bundesamt zu Recherchen des WDR mit. Deutschland soll gemäß dem Ausstiegsplan Ende 2022 seine letzten Atomkraftwerke abschalten. Doch das Risiko einer Nuklearkatastrophe besteht weiterhin durch grenznahe Reaktoren, etwa in Belgien, Frankreich, in der Schweiz, Tschechien oder Schweden.

(dpa/ rt deutsch)