"Maaßen nervt": Personal- und Richtliniendebatte in der CDU kurz vor zwei Landeswahlen

Die scharfe Kritik der CDU-Parteivorsitzenden Kramp-Karrenbauer gegenüber der Werteunion und Hans-Georg Maaßen sorgte für massiven Ärger in den eigenen Reihen. Nachdem sie ihre Äußerungen bereits relativiert hatte, erhielt die Parteichefin für diese allerdings auch Unterstützung.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat mit Interview-Äußerungen zu einem möglichen Parteiausschlussverfahren gegen den umstrittenen Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen massiven Ärger in den eigenen Reihen ausgelöst. Kurz vor den für die CDU schwierigen Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen machten am Samstag vor allem ostdeutsche CDU-Spitzenpolitiker ihrem Unmut Luft. Sie wollen mit Blick auf die erste Sitzung des schwarz-roten Koalitionsausschusses nach der Sommerpause an diesem Sonntag keine erneuten Personaldebatten, die auf die Kluft in der Partei hindeuten würden.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sah sich zu der Klarstellung gezwungen, die Vorsitzende habe gar keinen Parteiausschluss Maaßens gefordert. Maaßen selbst reagierte gelassen.

Später stellte Kramp-Karrenbauer dann selbst klar: "Ich habe weder im Interview noch an anderer Stelle ein Parteiausschlussverfahren gefordert." Bei einem Auftritt im Rahmen des Tages der offenen Tür der Bundesregierung in Berlin sagte die Verteidigungsministerin:

Die CDU ist eine Partei mit über 400.000 Mitgliedern. Dass jeder seine eigene Meinung haben kann, das macht uns aus, das macht uns auch interessant.

Zuvor hatte Kramp-Karrenbauer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe auf die Frage, ob sie über ein Ausschlussverfahren gegen das CDU-Mitglied Maaßen nachdenke, gesagt:

Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet.

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Auf die Frage, ob sie damit Maaßen und der konservativen Werteunion, deren Mitglied der Ex-Verfassungsschützer ist, die gelbe Karte zeige, sagte Kramp-Karrenbauer, die Tea-Party-Bewegung in den USA habe die Republikaner ausgehöhlt und radikalisiert. "Das wird die CDU, das werde ich als Vorsitzende, nicht zulassen." Es sei das gute Recht jedes Mitglieds, seine Meinung zu äußern. "Der Versuch aber, eine gänzlich andere Partei zu schaffen, stößt auf meinen allerhärtesten Widerstand", ergänzte die Parteichefin.

CDU-Generalsekretär Ziemiak hatte nach kritischen Äußerungen in sozialen Medien getwittert:

Klarstellung: @AKK fordert keinen Parteiausschluss von #Maaßen. In der @CDU als Volkspartei der Mitte mit über 400.000 Mitgliedern werden unterschiedliche Meinungen vertreten – und das ist auch gut so.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der bei der Landtagswahl am 1. September fürchten muss, dass die AfD stärkste Kraft werden könnte, sagte der Bild am Sonntag über ein mögliches Ausschlussverfahren: "Das ist der falsche Weg. Bei aller berechtigten Kritik an Hans-Georg Maaßen – wir schließen niemanden aus der CDU aus, nur weil er unbequem ist." Er rate "zu Gelassenheit im Umgang mit unterschiedlichen Meinungen". Vielmehr solle die CDU "das Thema Grundrente für die vielen Menschen mit gebrochener Erwerbsbiografie klären – das ist doch Arbeit genug".

Der thüringische CDU-Chef Mike Mohring sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir empfinden diese neuerliche Personaldiskussion als nicht sonderlich hilfreich." Auch der JU-Chef Tilman Kuban sagte der dpa

Für mich ist klar: Wir schließen niemanden aus, nur weil er kritisch und manchmal unbequem ist.

Kramp-Karrenbauer erhielt für ihre scharfe Distanzierung von Maaßen aber auch Unterstützung aus der Parteispitze. "Die Abgrenzung ist vollkommen richtig und notwendig", sagte Vorstandsmitglied Johann Wadephul der dpa.

Er betreibt aktiv die Annäherung an die AfD, eine extremistische Partei. Das ist gegen die Grundwerte der Union.

Doch für Wadephul kommt es bei dem Problem nicht auf die Person Maaßen an. Wichtiger als die Mitgliedschaft Einzelner sei es, "dass Gruppierungen wie die Werteunion und die Union der Mitte aufgelöst werden", forderte er.

Der Bundesvize des Arbeitnehmerflügels CDA, Christian Bäumler, brachte einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Werteunion ins Spiel. "Wenn die sogenannte Werteunion Maaßen weiter unterstützt, sollte der CDU-Bundesvorstand einen Unvereinbarkeitsbeschluss ins Auge fassen", sagte Bäumler dem Handelsblatt. CDU-Innenpolitiker Armin Schuster sagte der Welt am Sonntag, man sollte Maaßens "selbstgewählte Märtyrerrolle" nicht durch Diskussionen wie diese noch aufwerten. "Maaßen nervt mit seiner eigensüchtigen Heldeninszenierung selbst Konservative in der Union, und von denen haben ihm einige in schweren Zeiten lange zur Seite gestanden."

Maaßen selbst sagte der dpa:

Nicht ich habe mich von den Positionen meiner Partei entfernt, sondern die CDU ist unter der früheren Parteivorsitzenden (Angela Merkel) weit nach links gerückt.

Die CDU sei im Gegensatz zu den dogmatischen Parteien des linken Spektrums immer eine Partei der Vielfalt gewesen. "Dass AKK mit dieser Tradition brechen will, glaube ich nicht. Es würde mich sehr enttäuschen, denn ich hatte immer Hochachtung vor ihr." Es sei ihm "ein Rätsel", wer Kramp-Karrenbauer "dazu geraten hat, solche Gedankenspiele zu formulieren".

Maaßen gehört der konservativen CDU/CSU-Splittergruppe Werteunion an. Ihr Vorsitzender Alexander Mitsch sagte der dpa, ein Parteiausschlussverfahren wäre nicht nur unbegründet, sondern würde der CDU auch massiv schaden.

Herr Maaßen steht für die Hoffnung vieler Bürger und Unionsmitglieder auf die notwendige Politikwende, insbesondere für mehr innere Sicherheit, so Mitsch.

Im November 2018 versetzte Bundesinnenminister Horst Seehofer Maaßen in den einstweiligen Ruhestand, nachdem dieser laut einem Redemanuskript von teils "linksradikalen Kräften in der SPD" gesprochen hatte. Maaßen hat seine Kritik an der Migrationspolitik von Merkel und der Bundesregierung auch zuletzt immer wieder bekräftigt. Maaßen war im Spätsommer 2018 damals als Präsident des Bundesverfassungsschutzes in die Kritik geraten, nachdem er die Echtheit eines Videos bezweifelt hatte, das nach der Tötung eines Mannes in Chemnitz angeblich eine Attacke gegen Migranten zeigte.

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(dpa/rt deutsch)