Das Rennen um den künftigen SPD-Vorsitz läuft noch. Bis zum 1. September haben interessierte SPD-Mitglieder noch Zeit, zu kandidieren. Bis Freitag gab es zwei Bewerberduos: Europa-Staatsminister Michael Roth und die ehemalige nordrhein-westfälische Familienministerin Christina Kampmann sowie die Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer. Lauterbach und Scheer fehlt allerdings noch die nötige Mindestunterstützung aus der Partei. Um zur Wahl zugelassen zu werden, müssen sie die Unterstützung von fünf SPD-Kreisverbänden oder eines Bezirks- bzw. Landesverbandes haben. Eine interne Kommission mit dem früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse muss dann prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.
Am Freitag wurde dann bekannt, dass auch Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange erneut für den SPD-Vorsitz kandidieren will. Die SPD-Politikerin tritt gemeinsam mit dem Oberbürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens, an. "In einer Außenseiterrolle sehe ich mich nicht", sagte Lange der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Sie fühle sich bestärkt durch das Ergebnis ihrer Kandidatur des vergangenen Jahres und trete deshalb erneut an. Lange war im April 2018 bei der Wahl zwar Andrea Nahles unterlegen, hatte mit 27,6 Prozent der Stimmen aber einen überraschenden Achtungserfolg erzielt.
Nach dem Wochenende wurde dann bekannt, dass es noch einen weiteren Kandidaten auf der Liste geben könnte - Robert Maier. Er ist Vizepräsident des von ihm mitbegründeten SPD-Wirtschaftsforums. Der Diplom-Kaufmann arbeitet als Investor und "Business Angel", d.h. er beteiligt sich finanziell und beratend an jungen Unternehmen mit innovativer Geschäftsidee und guten Wachstumsperspektiven.
23 Regionalkonferenzen sollen stattfinden
Der Auswahlprozess für die neuen Parteichefs – Verlautbarungen zufolge soll es ja nun eine Doppelspitze werden – erfolgt in vier Schritten, ist teuer und dauert monatelang. Derzeit hat die SPD drei provisorische Parteivorsitzende, die Ministerpräsidentinnen Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern und Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz sowie den scheidenden hessischen SPD-Vorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel.
Die erste Phase ist die Bewerbung, die ja nur bis zum 1. September möglich ist. Danach sollen sich die Kandidaten in 23 Regionalkonferenzen vorstellen. Die erste ist für den 4. September in Saarbrücken geplant, die letzte soll dann am 12. Oktober in München stattfinden. Die dritte Phase wäre dann die Wahl durch die SPD-Mitglieder: Sie werden die Möglichkeit haben, entweder online oder per Briefwahl abzustimmen. Das Resultat soll dann Anfang November vorliegen. Doch dann ist noch nicht Schluss: Sollte kein Kandidat oder Duo eine Mehrheit von 50 Prozent der Stimmen erhalten, geht es in die Stichwahl. Beim Parteitag vom 6. bis 8. Dezember in Berlin soll die neue Spitze dann amtlich von den Delegierten gewählt werden.
Viele Name werden genannt, doch wer von ihnen kandidiert am Ende wirklich?
In den letzten Monaten wurden zahlreiche Namen genannt. So hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil deutlich gemacht, dass er lieber in Hannover bleiben wolle, hat seine Kandidatur aber auch nicht komplett ausgeschlossen. So sagte er am Montag:
Das steht nicht an, ich erwarte das nicht. Ich gehe davon aus, dass ich nicht kandidieren werde."
Große Ambitionen werden auch dem ebenfalls aus Niedersachsen stammenden Generalsekretär Lars Klingbeil nachgesagt, der aber bisher die Entscheidung über eine Kandidatur stets offen ließ. Er werde sie "zum richtigen Zeitpunkt" mitteilen. Der Name der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey fällt ebenfalls immer wieder, doch sie muss noch auf das Ergebnis der Überprüfung ihrer Doktorarbeit warten. Es geht um Plagiatsverdacht, und das wäre sicherlich keine gute Empfehlung im Kampf um den Vorsitz.
Die viel beschworene Erneuerung der SPD nach den großen Verlusten bei den Bremen- und EU-Wahlen muss somit warten. Der Auswahlprozess plätschert vor sich hin, die erhoffte Aufbruchstimmung will nicht recht aufkommen. Abhängig von den Resultaten der Landtagswahlen in den drei neuen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen, bei denen der SPD laut Umfragen herbe Verlusten bevorstehen, dürfte die Debatte um den zukünftigen Kurs der SPD aber wieder aufflammen.
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