Die öffentliche Andacht für den achtjährigen Jungen, der am Montagvormittag vor einen einfahrenden ICE gestoßen wurde, sollte am Dienstagabend in der Bahnhofshalle in der Nähe von Bahnsteig 7 abgehalten werden, doch wegen des erwarteten großen Andrangs wurde sie auf den Vorplatz verlegt. Rund 400 Menschen kamen. Der Tod des Kindes sei für die Angehörigen eine "sinnlose Katastrophe", sagte der Leiter der Frankfurter Bahnhofsmission, Carsten Baumann.
Wir können nicht glauben, dass ein Leben sinnlos abbricht, das gerade erst begonnen hat."
Baumann lud die Trauernden ein, sich in ein Kondolenzbuch einzutragen. An dem Gottesdienst nahmen Vertreter der katholischen und evangelischen Gemeinden in Frankfurt teil – darunter auch Mitarbeiter der Bahnhofsmission und der eritreischen Kirchengemeinden Frankfurt. Neben dem Gottesdienst gab es auf dem Bahnhofsvorplatz auch zwei Mahnwachen unterschiedlicher politischer Gruppierungen. "Es gab einige hitzige Diskussionen, aber niemand ist den anderen angegangen", sagte ein Sprecher der Frankfurter Polizei. Die Andacht selbst sei ruhig verlaufen, hieß es.
Familie wollte in Österreich Urlaub machen – Mutter und Sohn wollten mit Zug anreisen
Die unfassbare Tat passierte gegen zehn Uhr am Montagvormittag. Ein Mann näherte sich einer am Bahngleis wartenden Frau und deren Kind, stieß beide ins Gleisbett. Die Mutter konnte sich noch auf einen schmalen Fußweg zwischen den Gleisen retten, der Junge wurde vom Zug überrollt und war sofort tot. Der Mann versuchte auch, eine 78-Jährige ins Gleisbett zu schubsen, doch sie schaffte es, sich zu wehren, erlitt eine leichte Schulterverletzung und einen Schock.
Laut einem Medienbericht sei der Achtjährige mit seiner Mutter auf dem Weg in den Sommerurlaub gewesen. Unter Berufung auf eine Bekannte der Familie berichtete die Bild-Zeitung, die beiden wollten mit dem ICE nach Österreich fahren. Dort wollten sie sich mit der Schwester des getöteten Jungen, der besten Freundin der Mutter und deren Sohn treffen. Die Zwölfjährige hatte demnach keine Lust auf die Zugfahrt und entschied sich, im Auto der besten Freundin der Mutter mitzufahren.
Habte A. sitzt seit Dienstag unter Mordverdacht in Untersuchungshaft
Die Bekannte reiste mit dem Wagen, da sie noch einen alten Hund dabei hatte, der laut Bericht eine lange Zugfahrt ohne Pause nicht durchgehalten hätte. Gegen 14 Uhr erreichte sie dann ein Anruf der Polizei, die sie bat, an einer Raststätte in der Nähe von Stuttgart (Baden-Württemberg) anzuhalten und auf sie zu warten. Die Beamten seien in Begleitung eines Seelsorgers gekommen und hätten dem Mädchen die schreckliche Nachricht über den Tod des Bruders überbracht.
Ein 40-Jähriger sitzt seit Dienstag unter Mordverdacht in Untersuchungshaft. Die Hintergründe der Tat sind weiter unklar. Habte A. war 2006 illegal aus Eritrea in die Schweiz gekommen und beantragte dort Asyl. Zwei Jahre später wurde sein Antrag bewilligt und er bekam später eine Niederlassungsbewilligung. Nach Angaben der Kantonspolizei Zürich war er seit Januar 2019 krank geschrieben und demnach in psychiatrischer Behandlung.
Erst wenige Tage vor der Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof hat er in seinem Wohnort Wädenswil im Kanton Zürich eine Nachbarin angegriffen und mit dem Messer bedroht. Sie und seine Ehefrau samt der drei gemeinsamen Kinder im Alter von zwei, drei und vier Jahren hat er dann im Haus eingesperrt. Vor Eintreffen der Polizei konnte er flüchten, weswegen er per nationalem Haftbefehl in der Schweiz gesucht wurde. Nach Frankfurt soll er mit dem Zug aus Basel angereist sein.