Anwohner in Mülheim an der Ruhr waren am Freitagabend gegen 22.15 Uhr aufmerksam geworden, weil ihr Hund unruhig wurde, berichtete die Polizei. Sie hätten im Grünen hinter ihrem Garten die junge Frau in einer hilflosen Lage und zwei männliche Personen entdeckt und die Polizei verständigt. Die beiden Verdächtigen seien über einen parallel verlaufenden Radweg geflohen, die Frau blieb zurück. Die Anwohner riefen die Polizei und kümmerten sich um das Opfer.
Die Zeugen haben perfekt reagiert",
lobte Essens Polizeisprecher Peter Elke Anwohner, die die Polizei gerufen hatten.
Kurz darauf hielt eine Streifenwagenbesatzung eine Gruppe von fünf Kindern und Jugendlichen an, auf die teils die Beschreibung passte. "Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit", sagte der Polizeisprecher, seien die fünf an der Tat beteiligt. Alle hätten zu dem Vorwurf der schweren Sexualstraftat ausgesagt.
Es muss nur geklärt werden, welche Person welchen Anteil am Tatgeschehen hatte.
Der Tatort soll in einem Waldstück nahe einem Spielplatz liegen. Der Spielplatz liegt in einem unscheinbaren Stadtviertel, nicht weit weg von der Innenstadt. Die großzügige Anlage ist eingebettet in einen hügeligen Park, umgeben von Reihenhäusern und kleineren Mehrfamilienhäusern mit Gärten. In der Nähe befinden sich eine Grundschule und der Radschnellweg Ruhr. Über ihn sollen zwei Täter am Freitagabend zunächst geflüchtet sein.
Die Tatverdächtigen wurden am Wochenende von der Polizei befragt und anschließend ihren Eltern übergeben. Alle fünf sind bulgarischer Nationalität. Gegen einen der drei 14 Jahre alten Verdächtigen habe das Amtsgericht Haftbefehl erlassen – wegen Wiederholungsgefahr, teilte die Staatsanwaltschaft Duisburg am Montagabend mit. Denn es sei bekannt geworden, dass der 14-Jährige schon vor der Tat, damals noch im strafunmündigen Alter, wegen zweier sexueller Belästigungen aufgefallen war. Zurzeit sitzt er in Untersuchungshaft.
Alle fünf Verdächtigen sollen in der letzten Woche vor den NRW-Sommerferien nicht mehr zur Schule gehen.
Entsprechende Verfügungen werden derzeit vorbereitet",
erklärte die Bezirksregierung Düsseldorf am Montag. Die Verantwortlichen nähmen die Sorgen der Eltern der Mitschüler sehr ernst, hieß es zur Begründung. Der erste offizielle Tag der Sommerferien in Nordrhein-Westfalen ist der 15. Juli.
Das verletzte Opfer konnte nach Kenntnis der Polizei im Laufe des Samstags das Krankenhaus verlassen. Es soll sich um eine 18-Jährige handeln. Genaue Angaben machten die Ermittler aus Gründen des Opferschutzes nicht.
Nach Angaben der Stadt sind vier der Teenager in Mülheim gemeldet. Der Wohnort des fünften war demnach am Montag noch unklar. Insgesamt wüssten die Ermittler nicht viel über das Vorleben der extrem jungen Tatverdächtigen. Die Daten der nicht strafmündigen Kinder dürfen nicht gespeichert werden.
Bei zwei der vier Mülheimer Tatverdächtigen sei das Jugendamt schon vor der Tat in den Familien aktiv gewesen, berichtete Mülheims Sozialdezernent Marc Buchholz am Montag.
Was Gegenstand der Tätigkeit war, muss noch recherchiert werden. Da sind wir dabei, das aufzubereiten.
Er machte keine Angaben darüber, welches Alter diese beiden Personen haben. Noch am Montag suchten die Mitarbeiter des Jugendamtes zusammen mit dem kommunalen sozialen Dienst (KSD) die Familien der Tatverdächtigen auf, um Hilfe anzubieten und zu überprüfen, ob sie mit der Situation überfordert sind. Die Familien der beiden zwölfjährigen Tatverdächtigen nahmen die Hilfsangebote nicht an, wie ein Stadtsprecher am Dienstag mitteilte. Der Kontakt mit den Familien sei am Montag über die jeweilige Gegensprechanlage an den Haustüren erfolgt.
Es obliegt der Verantwortung der Eltern, das anzunehmen", sagte der Sprecher.
Die Polizei will noch weitere Zeugen vernehmen und DNA-Spuren auswerten. Eine eigene Ermittlungskommission soll nicht gebildet werden. Der Fall wird von einem Kommissariat bearbeitet, das sich nur mit Sexualstraftaten befasst.
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte mit Blick auf das Alter der Tatverdächtigen:
Wir fordern seit Jahren, dass das Alter für die Strafmündigkeit in Deutschland herabgesetzt wird.
Ein Vorteil wäre, dass Jugendämter mit den Zwölf- und 13-Jährigen nicht mehr alleingelassen würden und den Kindern über die Jugendgerichtshilfe frühzeitig geholfen werden könne.
Der Fall erinnert an ähnliche Verbrechen mit sexuellen Übergriffen in Gruppen. Vor gut einem Jahr überfielen acht Jugendliche ein 13-jähriges Mädchen in Velbert bei Wuppertal. Sie wurden später wegen Gruppenvergewaltigung verurteilt und erhielten hohe Einzelstrafen von bis zu vier Jahren und neun Monaten. Alle Jugendlichen stammten aus Bulgarien. In Freiburg läuft ein Verfahren gegen elf Männer zwischen 18 und 30 Jahren, die meisten von ihnen sind Flüchtlinge. Sie sollen Mitte Oktober vergangenen Jahres eine 18-Jährige nach einem Discobesuch in einem Gebüsch vor der Diskothek vergewaltigt haben.
Gruppenvergewaltigungen sind laut polizeilicher Kriminalstatistik ein gar nicht so seltenes Phänomen. Allein 2017 ermittelten die Behörden gegen 467 Verdächtige. Mehr als ein Drittel waren Jugendliche oder Heranwachsende unter 21 Jahren, meist männlich.
(dpa/rt deutsch)