Olaf Scholz, Bundesfinanzminister und stellvertretender SPD-Vorsitzender, geht nicht davon aus, dass die sogenannte Große Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode 2021 überdauert. Das Magazin Focus zitiert Scholz mit den Worten:
Die Große Koalition wird Weihnachten nicht mehr erleben.
Der Druck in der SPD zum Verlassen des Bündnisses werde einfach zu groß. Laut Focus hat der Minister diese Äußerungen vor zwei Wochen in einer internen Sitzung getätigt. Das Blatt beruft sich auf einen Teilnehmer dieser Sitzung. Scholz gilt als Anhänger der Koalition mit der Union.
Die SPD hatte sich mit der Entscheidung für diese Koalition sehr schwer getan. Direkt nach der Wahl hatte die Parteiführung eine Fortsetzung der GroKo noch ausgeschlossen, war dann aber nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen umgeschwenkt. Die Mitglieder stimmten der Koalition schließlich zu, ohne von ihr überzeugt zu sein.
Im Koalitionsvertrag verankerte die SPD eine "Bestandsaufnahme" zur Mitte der Legislaturperiode. Dabei soll geprüft werden, inwieweit die Koalition ihre Ziele erreicht. Fällig wäre diese Bestandsaufnahme im Herbst. Sollte die SPD zum Schluss kommen, dass ihre Ziele in der GroKo nicht erreicht werden, könnte sie die Koalition aufkündigen.
Die SPD hat in den vergangenen Monaten eine Reihe bitterer Wahlniederlagen einstecken müssen. Nach der EU-Wahl Ende Mai war die Parteivorsitzende Andrea Nahles zurückgetreten. Weiter sinkende Umfragewerte und die zu erwartenden weiteren Niederlagen bei den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im September und Oktober dürften den Leidensdruck weiter erhöhen – und das Ende der Koalition beschleunigen.
Auch innerhalb der Union wachsen die Zweifel am Fortbestand der Koalition. Friedrich Merz, der im vergangenen Jahr gescheiterte Kandidat für den CDU-Vorsitz, sagte vor einigen Wochen gegenüber dem Handelsblatt:
Die Große Koalition hält nicht über den Jahreswechsel 2019/2020 hinaus. Im technischen Sinne ist diese Regierung handlungsfähig. Aber es kommen keine neuen Ideen und auch keine großen gesellschaftspolitischen Anstöße mehr.
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