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Berlin macht Ernst: Bezirk Steglitz-Zehlendorf enteignet vorübergehend Hausbesitzer

Es ist eines der drängendsten Probleme in Berlin: bezahlbarer Wohnraum. Die Petition zur Enteignung der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen sammelte innerhalb weniger Tage mehr als 20.000 Unterschriften. In Steglitz-Zehlendorf ist man schon einen Schritt weiter.
Berlin macht Ernst: Bezirk Steglitz-Zehlendorf enteignet vorübergehend Hausbesitzer© Fabrizio Bensch

In Berlin soll zum ersten Mal ein Hausbesitzer enteignet werden. Zumindest vorübergehend. Laut einem Bericht von rbb24 will der Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf im Südwesten der Hauptstadt ein seit langem unbewohnbares Mehrfamilienhaus an einen Treuhänder übergeben und sanieren lassen. Das leerstehende Gebäude soll schon seit 20 Jahren verwahrlosen.  

Da der Berliner Senat im Jahr 2018 das Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum erneuerte, erhielten die Bezirke mehr Eingriffsrechte. Mit der Folge, dass Eigentümer einen Antrag stellen müssen, wenn sie Wohnungen länger als drei Monate unbewohnt lassen wollen. Wer dagegen verstößt, muss mit einem Zwangsgeld rechnen. Zudem können die Berliner Bezirke durch das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung von Wohnraum durchsetzen. Als letzte Konsequenz, wenn alle anderen Maßnahmen nicht greifen, kann ein Treuhänder eingesetzt werden. Die anschließenden Sanierungsarbeiten gehen auf Kosten des Eigentümers.

Wie der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Stephan Groscurth, gegenüber rbb24 berichtete, beschäftigt das Thema Leerstand das Verwaltungsgericht bisher noch nicht intensiv. Die Bezirksämter hätten sich zunächst auf Ferienwohnungen konzentriert. "Aktuell sind 20 Verfahren anhängig", so Groscurth gegenüber dem Nachrichtensender.

Das Haus im Bezirk Steglitz-Zehlendorf soll einem 71-Jährigen gehören. Der Mann soll dem Wohnungsamt mehrfach Investitionen in das Gebäude versprochen haben, ohne das etwas geschah. Nun beschloss der Bezirk, den Eigentümer vorübergehend zu enteignen und die Sanierung des Hauses zwangsweise durchzusetzen.

Gegenüber rbb24 sprach der stellvertretende Bezirksbürgermeister Michael Karnetzki (SPD) von einem Pilotprojekt in Sachen Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots. Auf die Frage, warum der Bezirk nicht schon früher tätig geworden sei, antwortete Karnetzki: "Wir konnten dies erst jetzt angehen, weil wir vorher die milderen Mittel einsetzen mussten. Und das Zwangsgeld oder die Zwangsgelder, die verhängt worden sind, die sind ja gerade erst jetzt rechtskräftig geworden. Bis dahin hat der Eigentümer das immer noch angefochten."

Nun kommt es zur ersten Zwangssanierung auf Kosten des Eigentümers in Berlin. Doch der Bezirk oder die Treuhändergesellschaft müssen für die Arbeiten zunächst in Vorkasse gehen; die Senatsverwaltung für Finanzen erstattet die Kosten. Kann der Eigentümer die Kosten nicht übernehmen, wird der Betrag als Schuld ins Grundbuch eingetragen – danach wäre eine Zwangsversteigerung des Hauses möglich.

Der Besitzer des Hauses in Steglitz-Zehlendorf soll noch weitere Immobilien in Berlin besitzen, darunter auch in Berlin-Mitte. Auch dort präsentiert sich offenbar ein ähnliches Bild. Laut rbb24 stehen in dem Haus alle Wohnungen leer. Seit 1996 sollen dort nach und nach die Mieter ausgezogen sein. Anschließend sollen in dem Gebäude illegal Osteuropäer gewohnt haben. Im Jahr 2018 räumte die Polizei das Haus. Nun werden die Behörden in Berlin-Mitte aktiv.

Das Bezirksamt Mitte beruft sich dabei auf den Paragrafen 172/85 des Baugesetzbuches. Da sich das Haus in einem sogenannten Erhaltungsgebiet befindet, die soziale Mischung, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, die städtebauliche Eigenart und das Ensemble zu schützen sind, kann der Eigentümer auch enteignet werden. In einer schriftlichen Erklärung, die von rbb24 zitiert wird, schreibt Stadtrat Ephraim Gothe: "Voraussetzung hierfür ist, dass der Eigentümer nicht willens oder nicht in der Lage ist, die bauliche Anlage zu erhalten, so dass ohne eine Enteignung die Erhaltung gefährdet wäre. Dies ist nach Auffassung des Bezirksamtes gegeben." Sollte es auch in diesem Fall zu einer Enteignung kommen, wäre es ebenfalls eine Premiere für Berlin.

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