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"Hält Kim den Westen zum Narren?" – Bild macht Nordkorea für eigene Fake News verantwortlich

Am 31. Mai vermeldete die Bild, dass ein hochrangiger nordkoreanischer Politiker in ein Arbeitslager gesperrt worden sei. Nun ist der Mann aber wieder aufgetaucht. Statt einen möglichen Fehler einzugestehen, übt sich die Zeitung jedoch lieber in Verschwörungstheorien.
"Hält Kim den Westen zum Narren?" – Bild macht Nordkorea für eigene Fake News verantwortlich© Screenshot/YouTube

Ostern ist zwar schon einige Wochen her, aber die Weltöffentlichkeit darf eine weitere "Wiederauferstehung" feiern: Ein angeblich zu Zwangsarbeit verurteilter hochrangiger Funktionär Nordkoreas ist wieder an der Seite des Machthabers Kim Jong-un aufgetaucht. Heil und unversehrt.

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Die südkoreanische Zeitung Chosun Ilbo hatte in der vergangenen Woche berichtet, Kim Yong-chol, der frühere Chefunterhändler bei den Abrüstungsverhandlungen mit den USA, sei nach dem gescheiterten Gipfeltreffen Kim Jong-uns mit US-Präsident Donald Trump im Februar in Vietnam in ein Arbeits- und Umerziehungslager geschickt worden. Diese Meldung hatte in Deutschland unter anderem die Bildaufgegriffen. Nur deutlich gewürzter.

Unter der Schlagzeile "Kim lässt seinen Trump-Gesandten erschießen" schrieb die Zeitung, dass Nordkorea seinen Sondergesandten für die USA, Kim Hyok-chol, nach dem gescheiterten Gipfel mit US-Präsident Trump habe hinrichten lassen. Neben Kim Hyok-chol sollen vier weitere hochrangige Mitarbeiter des nordkoreanischen Außenministeriums nach einer "Untersuchung" hingerichtet worden sein. Die Übersetzerin von Kim, Shin Hye-yong, sei nach dem Gipfel in ein Gefangenenlager geschickt worden.

Und, jetzt kommt's: "Auch der hochrangige Vertreter der kommunistischen Partei Nordkoreas, Kim Yong-chol, wurde der Zeitung zufolge in einem Arbeitslager eingesperrt. Er hatte als Gesandter in den Atomgesprächen mit US-Außenminister Mike Pompeo verhandelt", so die Bild. Als Quelle gab das Boulevardblatt Chosun Ilbo an, die sich wiederum auf ungenannte Quellen beruft. Doch just jener Kim Yong-chol ist nun wieder aufgetaucht. Am Montag berichteten die nordkoreanischen Staatsmedien, Kim Yong -chol habe neben anderen Funktionären den Machthaber und dessen Frau Ri Sol-ju zu einem Konzert am Sonntag in Pjöngjang begleitet.

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Auch war Kim Yong-chol auf einem Bild im Publikum zu sehen. Nun würde vermutlich jedes andere Medium zurückrudern und einräumen, dass man wohl einer Falschmeldung aufgesessen ist – doch nicht so die Bild. "Hält Nordkoreas Diktator den Westen zum Narren?", fragt die Zeitung am Dienstag in ihrer Online-Ausgabe. Der "in Ungnade gefallene Politiker" sei "wieder aus dem Gulag aufgetaucht", so die Bild. Und dann weiter: […] als sei nie etwas gewesen!"

Anschließend spekuliert die Bild darüber, ob "Kim den Westen zum Narren" halte oder Kim Yong-chol "schlicht Glück" gehabt habe, "weil sein 'Boss' der Welt zeigen will, dass er kein mörderischer Diktator ist und in Pjöngjang eitel Sonnenschein herrscht?" Erst am Schluss dieser Spekulationsorgie nennt Bild die vermutlich plausibelste Variante: "Oder waren die Zeitungsberichte falsch?"

Immer wieder erweisen sich Berichte aus Südkorea über die angebliche Hinrichtung oder Verbannung von Funktionären im Nachbarland als falsch. So war zum Beispiel im Mai 2016 der angeblich hingerichtete frühere Armeechef Ri Yong-gil wieder unversehrt in der Öffentlichkeit aufgetaucht.

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Teil II:

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