Vergangenes Jahr wurden 613 Überprüfungen von Mitarbeitern in leitenden Positionen im öffentlichen Dienst auf ihre mögliche ehemalige Tätigkeit in der Staatssicherheit der DDR durchgeführt. Rund 45.000 Personen stellten im Jahr 2018 selbst einen Antrag auf ihre persönliche Akteneinsicht, im Jahr 2017 waren es 48.000. Die sogenannten Stasi-Unterlagen lagern in Akten in 111 Regal-Kilometern in der zuständigen Bundesbehörde in Berlin. Darüber hinaus sind dort 1,8 Millionen Fotos und Filmdokumente archiviert.
In Zukunft aber wird es keinen Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen geben da die Akten-Sicherung dem Bundesarchiv unterstellt wird. Es ist zudem geplant, die bisherigen 12 Archive in Ostdeutschland, in denen die Stasiunterlagen gelagert werden, zu reduzieren. Auf dem ehemaligen Gelände der Stasizentrale in Berlin wird das sogenannte Archivzentrum zur SED-Diktatur entstehen.
In diesem Jahr plant der Bundestag das neue Stasi-Unterlagengesetz zu verabschieden. Am heutigen Mittwoch berät hierüber das Kabinett. Union und SPD hatten sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Fristverlängerung der Überprüfungen von Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst geeinigt.
Katrin Budde, SPD-Politikerin und Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses:
Gucken Sie mich an, Mitte 50. Ich war bei der Wiedervereinigung Mitte 20 und auch die, die Mitte 30 waren, die hätten durchaus schon Mitarbeiter der Staatssicherheit sein können. Waren vielleicht zwischendurch in der Wirtschaft unterwegs und sollen jetzt wegen ihrer Kompetenz in Aufsichtsratsgremien im öffentlichen Bereich gewählt werden. Die zum Beispiel würde es betreffen. Und da ist es auch richtig, dass die Stasiüberprüfung noch stattfinden wird."
Im Entwurf des neuen Stasi-Unterlagengesetzes heißt es, eine Überprüfung sei von "großer Bedeutung für die Herstellung des Vertrauens in die Integrität von Personen, die in politisch oder gesellschaftlich herausgehobener Position tätig sind."
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Anlässlich der 30-Jährigen Wiedervereinigung startete ein vierjähriges Forschungsprojekt zum Thema DDR- und Wendeerfahrungen Ostdeutscher. Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Ettersberg zur Diktaturforschung, Jörg Ganzenmüller, sagte der Deutschen Presse-Agentur:
Bis heute gibt es eine Diskrepanz zwischen dem in der öffentlichen Debatte vorherrschenden DDR-Bild und dem individuell Erlebten."
Das viel diskutierte Thema Staatssicherheit sei aber für viele DDR-Bürger nicht Teil ihres Lebens gewesen:
Viele frühere DDR-Bürger sagen aber, dass das Stasi-Thema nicht ihrem Erleben entsprach", so Ganzenmüller.