Der im Bau befindliche Hauptstadtflughafen BER hat doch ein größeres Problem mit falschen und falsch montierten Dübeln. Nach Recherchen von Kontraste und rbb24 sind im sogenannten Medienkanal die Kabelstränge an dafür ungeeigneten Kalksandsteinwänden befestigt worden. Kalksandsteine würden im Brandfall platzen; die Funktion der sicherheitsrelevanten Strom- und Brandmeldekabel wäre in diesem Fall nicht gewährleistet.
In den Berichten des RBB, die sich auf einen "Insider" berufen, heißt es, dass die Kabeltrassen auf ein neues Trägersystem aus Stahlbeton gelegt werden sollen. Diese Arbeiten könnten in zwei bis drei Monaten abgeschlossen werden, ohne die Prüfungen des TÜV zu behindern. Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) bestritt in einer Pressemitteilung vom Donnerstabend, dass aufwändige Umbauten nötig seien, und sprach lediglich von der Verbreiterung einer Kabelpritsche auf 40 Meter Länge.
Der RBB berichtet unter Berufung auf einen weiteren "Insider" auch, dass darüber hinaus im ganzen Terminalbereich falsche Dübel ohne Brandschutzzulassung verbaut wurden. Unklar ist, ob und inwieweit es sich dabei um Kunststoffdübel handelt, die laut einem internen TÜV-Bericht vom März für die Befestigung sicherheitsrelevanter Kabel verwendet wurden. Die Flughafengesellschaft erklärte in ihrer Pressemitteilung, dass "grundsätzlich" Metalldübel verbaut worden seien – auch das eine Formulierung, die Raum für Spekulationen lässt.
Die Probleme mit den Dübeln am BER nähren Zweifel, ob der geplante Eröffnungstermin Oktober 2020 zu halten sein wird. Der zuständige Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald, Stephan Loge, erklärte gegenüber Kontraste, "Magengrummeln" zu haben. In Hinblick auf frühere geplatzte Eröffnungstermine sagte er:
Wir haben da so ein bisschen Déjà-vus … Auch an einem Plastikdübel oder mehreren tausend Plastikdübeln, wie mutmaßlich in diesem Fall, kann die Inbetriebnahme scheitern.
Er werde als Vorgesetzter des zuständigen Bauordnungsamtes kein Auge zudrücken.
Die Flughafengesellschaft bestritt, dass der Termin gefährdet sei. Auch der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz geht davon aus, dass die FBB "bis Oktober 2020 mit den Dübeln klarkommen" werde.
Der Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Engelbert Lütke Daldrup, hatte noch am Mittwoch während eines Pressegesprächs bestritten, dass es überhaupt ein Problem mit den Dübeln gebe. Auf eine entsprechende Frage von RT Deutsch antwortete der Flughafenchef:
Was die Dübelthematik betrifft, haben wir kein echtes Dübelproblem, sondern wir haben ein Thema, dass weitere Zulassungen bei den Behörden beantragt werden. Das tun wir zur Zeit. Das haben wir in der Vergangenheit schon für etwa 100 andere Vorgänge erfolgreich getan; für uns ist das eine Alltagsarbeit.
Während Lütke Daldrup während des Pressegesprächs und der Baustellenbegehung am Mittwoch noch jeden Zweifel am Eröffnungstermin Oktober 2020 beiseite wischte und nur im Indikativ von der bevorstehenden Eröffnung sprechen wollte, zitierte ihn der Spiegel am Freitag mit diesen Worten, die er Anfang April hinter verschlossenen Türen gegenüber Vertretern der Landesregierungen von Berlin und Brandenburg sowie der Bundesregierung geäußert haben soll:
Die ursprüngliche Sicherheit des Eröffnungstermins im Oktober 2020 kann heute nicht mehr uneingeschränkt garantiert werden.
Die Tatsache, dass die Bemerkung aus diesen Kreisen nun an die Presse durchgestochen wurde, deutet darauf hin, dass das Vertrauen der Gesellschafter in den BER-Chef aufgebraucht ist.
Mehr zum Thema - TÜV-Bericht: BER-Inbetriebnahme 2020 "stark gefährdet"