Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem Eilverfahren entschieden, dass das Bezirksamt Neukölln weiter eine Broschüre der Amadeu Antonio Stiftung kritisieren darf. Jugendstadtrat Falko Liecke hatte den Kindergärten des Berliner Stadtbezirks empfohlen, die Broschüre "Ene, mene, muh - und raus bist du! Ungleichzeitigkeit und frühkindliche Pädagogik" nicht zu verwenden.
Nach Auffassung Lieckes vermittelt die Broschüre einseitig Vorurteile und rufe zur Bespitzelung von Familien auf. In einer Pressemitteilung des Bezirksamts hieß es im November 2018:
Die Broschüre will Vorurteile bekämpfen, vermittelt sie aber selbst. Es ist nicht Aufgabe von Erzieherinnen und Erziehern, die politische Gesinnung der Eltern zu überprüfen. Auch die einseitige Fixierung auf rechtsradikale Elternhäuser ist ein Problem. Gefahren für unsere Demokratie gehen von allen Rändern aus. In Neukölln sehen wir eher ein Problem mit religiösem Extremismus, wenn Kinder beispielsweise zum Tragen des Kopftuches genötigt oder Zwangsehen schon im Kindesalter arrangiert werden. Auch die Indoktrination durch Linksextremisten ist eine Gefahr. Ein ehrlicher Umgang damit klärt über alle Extremismusgefahren auf, ohne Eltern unter Generalverdacht zu stellen.
Die Stiftung klagte daraufhin auf Unterlassung. Das Bezirksamt habe in der Erklärung gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Dieser Darstellung der Amadeu Antonio Stiftung folgte das Gericht nicht. Die Aussagen des Amts seien im Wesentlichen zutreffend und folgten keinen sachfremden Erwägungen. Die Aussage, die Broschüre vermittle einseitig Vorurteile, sei vertretbar. Die in der Broschüre gegebene Empfehlung, bei einzelnen Eltern 'genauer hinzuschauen', dürfe als 'Bespitzelung' bezeichnet werden.
Stadtrat Liecke sah sich durch die Entscheidung des Gerichts bestätigt. Die Stiftung habe versucht, ihn mundtot zu machen, erklärte er gegenüber Cicero. Er trage die Verantwortung für die pädagogischen Richtlinien in den 200 Kitas in Neukölln; die Broschüre sei ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre der Familien.
Die Amadeu Antonio Stiftung hielt an ihrer Kritik am Stadtrat fest. In einer Pressemitteilung heißt es, man nehme die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis. Die Debatte um Rechtspopulismus in der Kita müsse nun endlich sachlich geführt werden. Man bedaure, dass das Wohl der Kinder und die Bedürfnisse der Kitas in der öffentlichen Debatte in den Hintergrund gerückt seien.
Gegen die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts kann noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
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