Selbst wenn die Präsidentschaft von Donald Trump bald Geschichte sein sollte, werde sich die aktuelle Europapolitik der USA wohl im Wesentlichen nicht ändern, erklärte Brauß im dpa-Interview. Die Europäer müssten sehen, dass es zu einer globalen Kräfteverschiebung komme und dass sich die Amerikaner immer stärker in Richtung China und Pazifik wendeten.
Seiner ganz eigenen Logik folgend, könne dies nur bedeuten, dass vor allem die Deutschen viel mehr zur Abschreckung und Verteidigung gegen Russland beitragen müssten.
Was viele in Deutschland aus meiner Sicht nicht genügend würdigen, ist, dass wir nicht deswegen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben müssen, weil Präsident Trump dies fordert, sondern weil es die Modernisierung und die Herstellung der vollen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr verlangen", ist sich Brauß sicher.
Freilich begründet er aber nicht, warum für dieses Ziel zwei Prozent des BIP ausschlaggebend sind und auf welches konkrete Bedrohungsszenario sich seine Forderung stützt.
Auch unter den europäischen Partnern wachse die Zahl derjenigen, "die darüber irritiert sind, dass das reiche Deutschland das Versprechen, das die deutsche Regierung mehrfach gegeben hat, augenscheinlich nicht hält", weiß Brauß darüber hinaus zu berichten.
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Kritisch äußerte er sich auch dazu, dass Politiker wie Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) eine nukleare Aufrüstung in Europa kategorisch ausschließen wollen.
Man muss zumindest eine strategische Diskussion darüber zulassen, welche Antwort die fortgesetzte russische nukleare Rüstung erfordert – um unserer Sicherheit in Europa willen", sagte Brauß.
Russland und Europa, das passt für Brauß ganz offensichtlich nicht zusammen. Dass neue nukleare landgestützte Raketen in Europa notwendig seien, wolle er gar nicht propagieren, so Brauß weiter, aber man werde auch diese Option vorurteilsfrei und offen analysieren und bewerten müssen.
Brauß war von 2013 bis 2018 Beigeordneter Generalsekretär der NATO für Verteidigungspolitik und Streitkräfteplanung. Der 70. Jahrestag der NATO-Gründung soll in der kommenden Woche bei einem Außenministertreffen in Washington gefeiert werden. Dort hatten am 4. April 1949 zwölf Staaten Europas und Nordamerikas den Nordatlantikvertrag geschlossen.
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(rt deutsch/dpa)