Das Grundgesetz erlaubt Enteignungen, wenn sie dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Auf die Enteignung muss eine Entschädigung folgen. Bislang gab es Enteignungen nur für den Straßenbau. Die Linken unterstützen das Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungskonzernen. Demonstriert wurde am Samstag neben Berlin in Köln, Duisburg, Münster, Hamburg, Frankfurt und München gegen zu hohe Mieten und mangelnden Wohnraum.
Das Unternehmen "Deutsche Wohnen" steht in der Kritik, eine marktbeherrschende Stellung zu haben. Eine Enteignung des Konzern helfe nach Ansicht der Initiative "Deutsche Wohnen & Co Enteignen" auch gegen die kleinen Miethaie.
Der Chef der Grünen Robert Habeck sprach sich in der Welt am Sonntag für das Vorhaben aus:
Das Grundgesetz sieht solche Enteignungen zum Allgemeinwohl ausdrücklich vor. Es wäre doch absurd, wenn wir das nur anwenden, um neue Autobahnen zu bauen, aber nicht, um gegen die grassierende Wohnungsnot vorzugehen.
Die Wohnungsinnenministerin Ina Scharrenbach konterte Habeck: "Die Grünen würden helfen, wenn ihre enthemmte Umweltpolitik enteignet werden könnte." Gerade die Grünen-Politik habe zur Verhinderung von Bauvorhaben geführt, so Scharrenbach.
FDP-Chef Lindner spricht von "DDR-Ideen"
FDP-Chef Christian Lindner sagte zur Enteignungsdebatte gegenüber RP Online: "Gegen steigende Mieten helfen nur mehr Wohnungen und nicht DDR-Ideen." Auch auf Twitter wandte sich Lindner gegen die Enteignungs-Initiative:
SPD-Parteichefin Andrea Nahles schlägt statt Enteignungen einen Mietenstopp vor - und erntete Kritik von der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping:
Ich wünsche mir mehr Mut von Andrea Nahles und der SPD. Enteignungen von vornherein auszuschließen, obwohl sie das Grundgesetz erlaubt, ist das falsche Zeichen.
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Die Initiative Deutsche Wohnen & Co Enteignen begründet das Vorhaben auf ihrer Webseite mit einem Auszug aus der Verfassung von Berlin, Artikel 28a:
Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen (...).
Der Städte- und Gemeindebund sieht die mögliche Überführung in Gemeineigentum kritisch. Diese könnten einen gegenteiligen Effekt haben. Gegenüber der Passauer Neuen Presse sagte deren Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg:
Durch derartige publikumswirksame Diskussionen, die sogar von einigen Politikern unterstützt werden, wird die Bereitschaft von privaten Investoren, neuen und zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, im Zweifel deutlich reduziert.
Alle Maßnahmen, in Berlin bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hätten versagt. In ganz Deutschland wird die Zahl fehlender Wohnungen auf 1,9 Millionen geschätzt. Im Vergleich zu den anderen Ballungsgebieten ist die Wohnungsnot in Berlin besonders groß. Hier fehlt es an rund 310.000 Wohnungen. Am größten ist der Bedarf nach Wohnungen für Einpersonenhaushalte, so eine Studie aus dem letzten Jahr der Humboldt-Universität Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt.
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