Die ursprüngliche Fassung des Paragrafen 175 wurde noch kurz nach Gründung des Kaiserreichs Anfang der 1870er Jahre beschlossen. Es wurde eine Gefängnisstrafe festgesetzt. Auch der Entzug von bürgerlichen Ehrenrechten, etwa Doktorgrade, drohte. Als die Nazis im Jahr 1933 an die Macht befördert wurden, verschärften sie den Anti-Homosexuellen-Paragrafen radikal.
Sie hoben die Beschränkung auf beischlafähnliche Handlungen auf. Ab jetzt reichte für eine Verurteilung jede angeblich unzüchtige Handlung, die mit "wollüstiger Absicht" begangen wurde. Dazu gehörten etwa "Streicheln, Umarmen, Küssen".
Während in Ostdeutschland bereits kurz nach dem Ende der Nazi-Diktatur erste Gerichte und Landesregierungen dazu übergingen, den Paragrafen nur in der alten Fassung vor der Nazi-Zeit anzuwenden oder ihn sogar ganz in Frage stellten, wurden auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik Homosexuelle seitens der Justizorgane weiter verurteilt.
Im Zuge einer Justizreform in der DDR wurde der Paragraf 175 für erwachsene Männer ab dem Jahr 1957 gar nicht mehr angewandt. Somit wurde Homosexualität erstmals in der deutschen Geschichte praktisch wieder legalisiert. Nur homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Minderjährigen wurden noch geahndet. Als die DDR im Jahr 1968 ein neues Strafgesetzbuch einführte, wurde diese Bestimmung in den Paragrafen 151 aufgenommen. Im Rahmen eines Urteils des Obersten Gerichts der DDR im Jahr 1987, in dem es ein Urteil eines unteren Gerichts zu Paragraf 151 aufhob, stellte das Gericht fest, dass
Homosexualität ebenso wie Heterosexualität eine Variante des Sexualverhaltens darstellt. Homosexuelle Menschen stehen somit nicht außerhalb der sozialistischen Gesellschaft, und die Bürgerrechte sind ihnen wie allen anderen Bürgern gewährleistet."
Im darauf folgenden Jahr schaffte die Volkskammer den Paragrafen ganz ab. In der gleichen Zeitspanne wurden in der BRD dagegen etwa 100.000 Untersuchungsverfahren aufgrund des Paragrafen 175 eingeleitet. 50.000 Männer wurden verurteilt, teils zu verhältnismäßig hohen Haftstrafen. Zeitweise erfasste die westdeutschen Justizbehörden eine wahre Besessenheit, Homosexuelle zu verfolgen. Als es etwa in den Jahren 1950/1951 zu einer ganzen Reihe von Strafprozessen kam, begingen viele, die beschuldigt wurden, Selbstmord oder sie flüchteten ins Ausland.
Die Richter, die in der BRD Homosexuelle verurteilten, hatten als Nazi-Richter teils noch bis in die letzten Kriegstage hinein Todesstrafen gegen Widerstandskämpfer und angebliche Deserteure verhängt.
Endgültig aufgehoben wurde der Paragraf, nach einer Milderung Ende der 1960er Jahre, erst am 10. März 1994.