Die Reihe der fragwürdigen Vorgänge im Verantwortungsbereich von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist lang: In Sachen Marineschulschiff Gorch Fock versickern Millionen, und die Justiz ermittelt, ob externe Berater als Scheinselbstständige vom Bundesministerium der Verteidigung durchgefüttert wurden. Letzteres Thema könnte für von der Leyen unappetitlich werden, denn am vergangenen Mittwoch beschloss der Verteidigungsausschuss mit den Stimmen der Opposition, Vorwürfe von unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft parlamentarisch aufzuklären. Union und SPD hatten im Vorfeld die Bildung des Untersuchungsausschusses zu stoppen versucht. Gemeinsam mit der AfD stimmten sie gegen den von der Opposition beantragten Ausschuss.
Bislang kostete der Einsatz von Beratern unter Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Steuerzahler einen dreistelligen Millionenbetrag. Interessant: Formal setzte sich der Verteidigungsausschuss selbst als Untersuchungsausschuss ein. Für die praktische Arbeit wurde am 14. Februar ein Unterausschuss einberufen.
Grüne, Linke und FDP fordern mit ihrer gemeinsamen Initiative Aufklärung darüber, wer bei der Vergabe von Beraterverträgen Kontrolle ausgeübt hat, welcher Schaden für die Steuerzahler entstanden ist und wie Regelverstöße in Zukunft verhindert werden können. Zudem geht es um sogenannte Kennverhältnisse, also einen Verdacht auf Vetternwirtschaft, aber auch die grundsätzliche Klärung der Wirtschaftlichkeit. Der Untersuchungsausschuss soll sich am 14. Februar konstituieren.
Zuletzt forderte die Linke im Verteidigungsausschuss des Bundestags aufgrund der Berateraffäre den Rücktritt der Ministerin.
Sollte der Ausschuss beweisen, dass die Ministerin Verstöße gegen das Vergaberecht toleriert hat, ist ihr Rücktritt zwangsläufig. Frau von der Leyen hat ihr Ministerium nicht im Griff und sollte die persönlichen Konsequenzen daraus ziehen", war der Linken-Obmann Alexander Neu überzeugt.
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Es könnte also jetzt richtig eng werden für von der Leyen. So eng, dass die Ministerin die Zeugen aus ihrem Haus vor deren Aussagen gut beraten wissen will. Laut Informationen des Spiegels sollen daher vom Verteidigungsministerium Berliner Top-Juristen wie Margarete Gräfin von Galen oder der Strafverteidiger Johannes "Jony" Eisenberg verpflichtet werden – für ein entsprechendes Honorar versteht sich. Demnach steht bei einem Stundensatz von 380 Euro pro Stunde für 25 Zeugen ein Budget von 80.000 Euro zur Verfügung.
Durch den "teuren" Beistand solle demnach verhindert werden, "dass sich die Zeugen selbst belasten und später strafrechtlich oder disziplinarisch belangt werden können."
Ohnehin kann von der Leyen die neue Aufregung nicht nachvollziehen. Die Erstattung von Anwaltskosten sei "dem Parlament bekannt und unabhängig vom Ministerium geübte Praxis", zitiert der Spiegel einen Sprecher von der Leyens. Die eingeschränkte Auswahl der Spezialisten sei damit begründet, dass sie "Erfahrung mit parlamentarischen Prozedere haben und wegen der sensiblen Akten sicherheitsüberprüft sein müssen."
In den Jahren 2015 und 2016 war der externe Sachverstand der Verteidigungsministerin mindestens 200 Millionen Euro wert. Aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Matthias Höhn geht hervor, dass die Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren mindestens 716 Millionen Euro für externe Berater ausgegeben hat. Seit dem 1. Januar 2014 seien insgesamt 3.804 Verträge mit Beratern abgeschlossen, also mehr als 700 pro Jahr.
Das Engagement externer Experten durch die Bundesregierung ist umstritten. Kritiker meinen, dass der Einkauf von Sachverstand von außen zu teuer und angesichts der mehr als 20.000 Mitarbeiter in den Ministerien auch nicht zwingend notwendig sei. Zudem wird zu großer Einfluss auf die Regierungsarbeit befürchtet.
Ab Montag ist das Verteidigungsministerium verpflichtet, erste Akten an den Ausschuss zu übermitteln. Der Ruf nach diesem wurde zuletzt immer lauter, als von der Leyens frühere Staatssekretärin Katrin Suder Ende vergangenen Jahres nicht vor einer Sitzung des Verteidigungsausschusses aussagen und die an sie gerichteten Fragen nur schriftlich beantworten wollte. Suder war von der Unternehmensberatung McKinsey ins Verteidigungsministerium gewechselt.
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