UN-Migrationspakt versus Einwanderungsgesetz: Merkel-Sprecher sehen keinen Widerspruch

Die Bundesregierung will eine Woche nach Zustimmung zum UN-Migrationspakt ein Einwanderungsgesetz beschließen, welches in zentralen Punkten dem UN-Pakt widerspricht. RT Deutsch sprach dies auf der Bundespressekonferenz an und erhielt erstaunliche Antworten.

Am 11. Dezember wird der Bundestag über die Zustimmung zum UN-Migrationspakt abstimmen. Eine Mehrheit für den Pakt gilt als sicher. 

Eine zentrale Passage des UN-Paktes lautet

Wir verpflichten uns sicherzustellen, dass alle Migranten ungeachtet ihres Migrationsstatus ihre Menschenrechte durch einen sicheren Zugang zu Grundleistungen wahrnehmen können. 

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Nur eine Woche später will die Bundesregierung, wie der Wirtschaftsjournalist Norbert Häring ausführt, ein neues Einwanderungsgesetz beschließen, in dem festgelegt wird, dass Arbeitsmigranten von außerhalb der EU – nur um diese geht es im Einwanderungsgesetz – fünf Jahre lang keinerlei Zugang zu Sozialleistungen erhalten sollen. Ein offensichtlicher und eklatanter Widerspruch zum UN-Migrationspakt. Oder doch nicht? Jedenfalls nicht für die Regierungssprecher: 

Auszug aus der offiziellen Transkription der Bundespressekonferenz:

FRAGE WARWEG: Ich habe noch eine Verständnisfrage zur Haltung der Bundesregierung zum UN-Migrationspakt: Am 11. Dezember wird über die Zustimmung zum UN-Migrationspakt abgestimmt, eine Woche später über das Einwanderungsgesetz. Im UN-Migrationspakt verpflichtet sich die Bundesregierung, allen Migranten Zugang zu Sozialleistungen zuzusichern. Im Einwanderungsgesetz wird just dieser Part insofern ausgeschlossen, als Arbeitsmigranten (von) außerhalb der EU zumindest für fünf Jahre keinen Zugang zu Sozialleistungen erhalten sollen. Wie plant die Bundesregierung diesen Widerspruch aufzulösen?

STS SEIBERT: Ich weiß nicht, ob eines der beteiligten Ressorts sich dazu auch noch äußern möchte. Zunächst einmal muss man diese beiden Dinge doch ganz klar auseinanderhalten. Und vor allem muss man daran erinnern, dass der UN-Migrationspakt die nationale Souveränität der Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen, ihre eigene Migrationspolitik zu betreiben, in keiner Weise anrührt; das stellt er ja auch ausdrücklich fest. Deswegen sehe ich diesen Widerspruch nicht. Ich weiß nicht, ob das BMAS oder ein Ressort, das mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz zu tun hat, sich dazu noch im Detail äußern will?

SCHNEIDER: Das BMAS sieht einen solchen Widerspruch ebenfalls nicht. Ich könnte noch einmal nach Details nachfragen, aber die Haltung bleibt trotzdem klar: Wir sehen keinen Widerspruch.

ZUSATZFRAGE WARWEG: Aber befürchtet die Bundesregierung nicht einen gewissen Reputationsverlust, wenn sie einerseits als großer Fürsprecher für den UN-Migrationspakt auftritt und gleichzeitig auf nationaler Ebene diese explizite Selbstverpflichtung im UN-Migrationspakt in der nationalen Umsetzung nicht durchführt, sondern eher das Gegenteil macht? Man verpflichtet sich im UN-Migrationspakt ja, Sozialleistungen für Migranten zu ermöglichen, und im Einwanderungsgesetz, das man eine Woche später beschließt, wird explizit festgehalten: Arbeitsmigranten dürfen fünf Jahre lang keine Sozialleistungen erhalten. Das ist ja trotz allem erst einmal ein Widerspruch zwischen geben und nicht geben, den man auflösen muss.

SCHNEIDER: Wie gesagt, wir sehen diesen Widerspruch nicht. Ich kann gerne noch einmal Erläuterungen hierzu nachreichen. Es gibt ja auch heute schon ganz klare Regelungen, wie der Zugang der Sozialleistungen, die übrigens auch von Versicherungsleistungen zu unterscheiden sind, zu leisten ist. Insofern, wie gesagt: Wir sehen da keinen Widerspruch. Aber wenn Sie weitere Details brauchen, kann ich die gerne nachreichen.

ZUSATZ WARWEG: Gerne.

BREUL: Ich möchte das kurz ergänzen. Es ist vollkommen richtig, was das BMAS gesagt hat. Unsere Position ist da klar: Der Globale Pakt begründet keine neuen Ansprüche auf Sozialleistungen in Deutschland. Die für Deutschland maßgeblichen Regelungen ergeben sich aus den verfassungsrechtlichen Garantien der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil im Juli 2012 bestätigt.

Man darf bei dem Punkt auch nicht vergessen: Legale Arbeitsmigranten zahlen in Deutschland in die Sozialkassen ein, dementsprechend sollte es selbstverständlich sein und ist es in der Bundesrepublik auch selbstverständlich, dass sie dann von den Leistungen der Sozialkassen auch profitieren können. Dieser Umstand ist nicht in allen Ländern so gegeben, und das ist mit ein Grund dafür, warum die Passage in dem Migrationspakt so enthalten ist, wie sie vorhin zitiert wurde.

FRAGE MÜLLER-THUM: Frau Schneider, Sie haben gesagt, inhaltlich sehen Sie keinen Widerspruch. Sie finden das deswegen inhaltlich unproblematisch, weil Sie sagen: Der UN-Migrationspakt ist eben nicht verbindlich, und deswegen kann man das so machen. Aber wenn man rein auf den Inhalt schaut, dann ist der Widerspruch doch da, oder sehe ich das falsch? Wenn man die beiden Aussagen in der deutschen Gesetzgebung und im UN-Migrationspakt gegenüberstellen würde, dann würde man ja sehen, dass das nicht zusammengeht. Sie sagen aber: Das Ganze ist nicht verbindlich, deswegen können wir das in Deutschland so machen, wie wir wollen?

BREUL: Nein.

ZUSATZ MÜLLER-THUM: Sorry, dann müssen Sie es mir noch einmal erklären.

BREUL: Der Pakt ist ja sozusagen, das haben wir hier schon mehrfach vorgetragen, eine politische Absichtserklärung mit Oberzielen, mit Unterzielen, mit dem, was man erreichen möchte. Die Umsetzung, auch das haben wir schon oft gesagt, obliegt den Nationalstaaten. Wir sind der Auffassung, dass wir mit unserer Gesetzgebung, mit unserer Praxis im Bereich der Sozialleistungen dem Pakt entsprechen.

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