Der Streit um das Unkrautgift Glyphosat geht weiter: Das Umweltbundesamt will den Einsatz in Deutschland nur noch unter strengeren Auflagen für den Naturschutz zulassen. Ab 2020 sollen Bauern im Schnitt zehn Prozent ihrer Ackerfläche für den Schutz der biologischen Vielfalt nutzen, wenn sie Pflanzenschutzmittel anwenden wollen, die die Artenvielfalt nachweislich schädigen. Das kündigten Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und die Chefin des Umweltbundesamts, Maria Krautzberger, am Dienstag in Berlin an. Entsprechende Bescheide für drei glyphosathaltige Mittel, die gerade zur Wiederzulassung anstünden, seien bereits an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verschickt.
Schulze stellte zudem ihre Vorschläge für den schrittweisen Ausstieg aus der Glyphosatnutzung vor, den Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Zuständig ist dafür das Bundesagrarministerium von Julia Klöckner (CDU). Klöckner hatte bereits im April Eckpunkte vorgestellt, die seitdem zwischen den Ministerien abgestimmt werden. Dazu gehörte unter anderem ein Verbot in Privatgärten und in öffentlichen Anlagen wie Parks. Schulze will zudem ein Verbot in "ökologisch sensiblen" Gebieten und in Wasserschutzgebieten, außerdem ein Verbot bestimmter Anwendungsarten auf Feldern und mindestens 20 Meter Abstand zu Gewässern bei der Ausbringung.
Krautzberger zufolge müssen rund 30 glyphosathaltige Mittel in den kommenden Monaten neu zur Anwendung in Deutschland zugelassen werden. Den umstrittenen, aber weit verbreiteten Wirkstoff ganz zu verbieten, sei nicht möglich, da seine Zulassung in der EU im vergangenen Jahr verlängert worden sei. Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein, und schadet als sogenanntes Total-Herbizid der Vielfalt von Pflanzen und Tieren. Im Zulassungsprozess ist das Umweltbundesamt dafür zuständig sicherzustellen, dass Pflanzenschutzmittel keine "unannehmbaren Auswirkungen" auf die Umwelt haben.
Landwirtschaftsministerin Klöckner kommentierte den Vorstoß nicht inhaltlich, kritisierte aber das Vorgehen. Im Ziel, den Einsatz von Glyphosat zu mindern, sei man sich einig, nun müssten schnell gemeinsame Ergebnisse her. "Dabei hilft es auch nicht in der Sache, bereits geregelte Zuständigkeiten wieder einmal in Frage zu stellen."
Der Bauernverband nannte Schulzes Vorschlag "wenig durchdacht und inakzeptabel", er gefährde die laufenden Verhandlungen. Schon in der vergangenen Legislaturperiode gab es einen Koalitionskrach um Glyphosat, weil Agrarminister Christian Schmidt (CSU) der Wiederzulassung in der EU im Alleingang zustimmte.
Der Industrieverband Agrar, in dem Pestizid-Hersteller organisiert sind, kritisierte: "Ministerien und Behörden planen unkoordiniert nebeneinander her, während weiterhin rund 500 Anträge für neue Pflanzenschutzmittel auf Bearbeitung warten." Es könne "in niemandes Interesse sein, dass über Zulassungen (...) nicht mehr die Behörden, sondern nur noch die Verwaltungsgerichte entscheiden". Der Konzern Bayer, dessen Tochter Monsanto glyphosathaltige Mittel herstellt, verteidigte den Wirkstoff: "Ohne Glyphosat wäre die Unkrautbekämpfung schwieriger und weniger nachhaltig - Landwirte müssten mehr pflügen, was den Boden und damit die Biodiversität schädigt."
Während die Umweltverbände Nabu und BUND Schulzes Vorstoß grundsätzlich lobten, zeigten die Grünen sich kritisch. Schulzes Vorlage sei nicht mit Klöckner abgesprochen, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. "Das geht nach dem Motto: Ich würde ja gerne, wenn ich könnte. Schluss damit, den Leuten was vorzumachen."
(Dieser Beitrag wurde unter Verwendung von dpa-Material erstellt)