Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet haben vor einem grundlegenden Politikwechsel ihrer Partei unter einer neuen Führung gewarnt. "An der Spitze einer Volkspartei muss ein Brückenbauer stehen. Einer, der die unterschiedlichen Gruppen in der CDU zusammenführt und ausgleicht", sagte Brinkhaus den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gehe "nicht um eine Verschiebung des Koordinatensystems nach links oder rechts". Bei der Landtagswahl in Hessen habe die CDU an die Grünen wie auch an die AfD verloren. "Unser Anspruch muss sein, diese Wähler zurückzugewinnen."
Ähnlich äußerte sich CDU-Vize Laschet in der Süddeutschen Zeitung, der besonders vor einem Rechtsruck warnte. "Ich bin überzeugt, dass eine solche Achsenverschiebung falsch wäre", sagte er und kündigte an, sich dafür einzusetzen, dass die Christdemokraten einen "Kurs der Mitte" nicht verließen. Unionsinterne Kritiker von Kanzlerin Angela Merkel würden die CDU gerne weiter rechts positionieren.
Laschet distanzierte sich außerdem indirekt von jüngsten kritischen Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, einem der Bewerber um den CDU-Vorsitz, zur Aufnahme von Flüchtlingen. Der 57-Jährige sagte: "Ich halte es jedenfalls für einen Fehler, auch aktuell wieder den Eindruck zu erwecken, die Migration sei das größte aller Probleme. Diese Analyse ist sachlich und politisch falsch und schadet." Spahn hatte in einem Gastbeitrag für die FAZ geschrieben, dass es nach wie vor "eine jährliche ungeordnete überwiegend männliche Zuwanderung in einer Größenordnung von Städten wie Kassel oder Rostock" gebe, was es zu begrenzen gelte. "Entgegen manchen Beschwichtigungen ist noch nicht alles wieder im Lot."
Nach der Rückzugsankündigung von Parteichefin Angela Merkel kandidieren für den CDU-Vorsitz neben einigen unbedeutenden und chancenlosen Kandidaten Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, die trotz einiger eigener Akzente Merkels Kurs stets unterstützt hat, Gesundheitsminister Spahn und der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz. Spahn und Merz werden beide dem konservativen Flügel zugerechnet. Laschets Äußerungen lassen sich als Unterstützung für Kramp-Karrenbauer interpretieren.
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Kanzlerin Merkel hatte angekündigt, beim Parteitag Anfang Dezember nicht wieder für den Vorsitz zu kandidieren. Ihre Kanzlerschaft will sie aber bis zum Ende der Legislaturperiode behalten. Die Trennung beider Ämter hatte sie lange strikt ausgeschlossen. Bei ihrer Ankündigung sprach sie am Montag nun von einem "Wagnis".
Brinkhaus sagte, die Trennung könnte "gut funktionieren, wenn Fraktion, der oder die Parteivorsitzende und die Kanzlerin konstruktiv und vertrauensvoll zusammenarbeiten". Er gehe davon aus, dass jeder Kandidat den Willen zur Zusammenarbeit habe. "Moderne Politik ist Teamarbeit – die Zeit der Alpha-Typen ist vorbei."
Mit der anstehenden Neubesetzung des CDU-Vorsitzes fällt aus seiner Sicht auch nicht automatisch eine Vorentscheidung über die nächste Kanzlerkandidatur nach Merkel. "Ich sehe da keinen Automatismus. Jetzt steht allein die Wahl des Parteivorsitzenden auf der Tagesordnung", sagte er.
Als erster Landesverband sprach sich die Saar-CDU klar für einen der drei namhaften Kandidaten aus: Kramp Karrenbauer könne sich "der geschlossenen Unterstützung und des Rückenwindes aus ihrem Heimat-Landesverband auch bei dieser großen Herausforderung selbstverständlich gewiss sein", sagte ihr Nachfolger als Ministerpräsident, Tobias Hans, der Bild.
Aus dem konservativen Berliner Kreis kam hingegen eine weitere Stimme für Merz: "Er wird offensiv die Themen angehen, die wir zu unserem Schaden und zum Vorteil der AfD haben liegen lassen", sagte der Mitgründer des Zusammenschlusses, Christean Wagner, der Heilbronner Stimme. "Merz wird auch den Konservativen wieder eine Heimat in der Union geben."
In der Frage, ob Merkel auch das Kanzleramt aufgeben sollte, sind die Bürger einer Umfrage zufolge gespalten. 41 Prozent sind für einen Komplettrückzug, 45 Prozent wollen sie als Kanzlerin behalten, wie die Erhebung des Instituts Insa für das Nachrichtenmagazin Focus ergab. Unter den Unionsanhängern wünschen sich demnach 80 Prozent, dass Merkel Kanzlerin bleibt, unter den AfD-Anhängern acht Prozent.
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(rt deutsch/dpa)