Zunächst hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel verlauten lassen, sie werde am 3. Oktober nicht nach Israel reisen, wenn mit der Räumung eines Beduinendorfes bereits begonnen wurde. In dem Dorf Khan Al-Ahmar waren Kinder zu sehen, die mit Plakaten der Kanzlerin gegen die Zerstörung ihrer Häuser demonstrierten. Ein israelisches Gericht hatte den Dorfbewohnern eine Frist bis zum 1. Oktober gesetzt, ihre Häuser zu verlassen. Die Zerstörung ihrer Häuser wurde, auch wegen der jüdischen Feiertage, immer wieder verschoben.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu empfing die Bundeskanzlerin am Mittwochabend, ein gemeinsames Abendessen folgte. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Emmanuel Nachschon, sagte zu den deutsch-israelischen Beziehungen:
Für uns und auch für die deutsche Seite ist das ein Teil unserer inneren Identität. Wir sprechen nicht über normale diplomatische Beziehungen. Das ist etwas sehr Besonderes.
Große Meinungsverschiedenheiten sind - neben der israelischen Siedlungspolitik - auch beim Thema Iran zu erwarten. Der israelische Premierminister ist davon überzeugt, dass die Iraner mit den Auflagen des Nuklearabkommens gebrochen haben und heimlich ihr Atomprogramm ausbauen. In Video-Botschaften wandte er sich an das iranische Volk, um diesem seine Sympathie auszudrücken und die Menschen dazu aufzufordern, sich gegen ihre Regierung in Teheran zu stellen. Einen Konsens wird man dagegen vermutlich bei wirtschaftlichen Kooperationsthemen in den Bereichen Militär und Technik erreichen.
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Antisemitismusbeauftragter im Geleit
Nur Wochen nach seinem Amtsantritt begleitet Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter, den deutschen Tross nach Israel. Dies wird von der israelischen Regierung ausdrücklich begrüßt. Mit Sorge betrachtete die israelische Regierung die Entwicklungen in Chemnitz und die jüngste Aufdeckung einer rechten Terrorzelle.
Am Donnerstagmorgen legte Angela Merkel einen Kranz an der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem nieder. Die Universität Haifa zeichnete die Kanzlerin mit der Ehrendoktorwürde aus. Nach einem Mittagessen mit dem israelischen Präsidenten Reuven Rivlin werden sich Merkel und Netanjahu zusammensetzen, um über Themen wie das Nuklearabkommen zu diskutieren. Darauf folgt eine gemeinsame Pressekonferenz. Ein Treffen mit der palästinensichen Seite ist im Besuchsprogramm nicht vorgesehen.
Kritik an der deutschen Regierung
Israelische Siedler aus Kfar Adumim - unweit von Ostjerusalem - fluteten das Dorf Khan Al-Ahmar im Westjordanland mit Abwasser, stürmten in die Häuser und drohten den Bewohnern des Dorfes. Dort aber stellten sich ihnen - neben den 180 Bewohnern - auch internationale Aktivisten engegen. Die Flut der Abwässer konnte aber auch durch die Aktivisten nicht aufgehalten werden. Vergeblich hatten die Dorfbewohner vor Gericht versucht zu beweisen, dass ihre Siedlung nicht illegal ist.
Berichten zufolge ist die Zerstörung von Khan Al-Ahmar Teil eines größeren Plans, um die israelischen Siedlungsgebiete im Westjordanland auszuweiten. Die Bewohner sollten angeblich ein paar Kilometer entfernt ein neues Zuhause finden. Kritik wird laut, dass Deutschland die Siedlungspolitik Israels als "Status-quo" akzeptiert und bei den eigenen wirtschaftlichen Interessen ignoriert, dass deutsche Militärtechnologie dazu eingesetzt wird, die Kontrolle über die Palästinensergebiete aufrechtzuerhalten.
Im letzten Jahr noch hatte die deutsche Regierung ein Treffen auf höchster Regierungsebene mit Israel abgesagt. Grund war die Siedlungspolitik. Auch das Beduinendorf Khan Al-Ahmar wird wohl erst nach Merkels Abreise geräumt werden. Am Donnerstag erklärten die USA, dass Palästina "kein Staat" sei und brachen mit dem Fakultativprotokoll des Wiener Übereinkommens.
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