von Andreas Richter
Die R+V-Versicherung hat am Donnerstag in Berlin die Ergebnisse ihrer Umfrage "Die Ängste der Deutschen" vorgestellt, die im Jahr 2018 zum 27. Mal durchgeführt wurde. Befragt wurden etwa 2.400 Menschen nach ihren größten Ängsten und Sorgen in Bezug auf Politik, Wirtschaft, Umwelt, Familie und Gesundheit.
Insgesamt, so das Resümee der Forscher, liegt das Angstniveau (zwischen 0 und 100) in diesem Jahr überdurchschnittlich hoch. Er stieg im Vergleich zu 2017 um einen Prozentpunkt und liegt jetzt bei 47 Prozent. Insgesamt überspringen zehn der 21 abgefragten möglichen Ängste die 50-Prozent-Marke, machen also der Mehrheit der Befragten Angst.
Ganz oben in der Sorgenliste steht ein außenpolitisches Thema: Die Politik des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump. 69 Prozent der Befragten bejahten, dass ihnen diese Politik und ihre möglichen Folgen Sorge bereiten. Manfred G. Schmidt von der Universität Heidelberg und Berater von R+V beschrieb dessen Politik im Tonfall deutscher Mainstreammedien:
"Trumps rabiate 'America First'-Politik, seine Aggression gegen internationale Arrangements und die nicht minder aggressive Handels- und Sicherheitspolitik - auch gegenüber Verbündeten - verschrecken die Bevölkerungsmehrheit… Verstärkend wirken Trumps Attacken gegen Deutschland. Wenn die USA sich weigern sollten, Ländern mit vermeintlich zu geringen Verteidigungsausgaben militärischen Beistand zu leisten, bringt das die derzeit verteidigungsunfähige Bundesrepublik in eine schwierige Lage."
Auf den Plätzen zwei bis vier der Ängste liegen innenpolitische Themen. Alle haben gegenüber dem vergangenen Jahr an Bedeutung gewonnen. Auf Platz zwei liegt die Sorge, dass die Deutschen und die deutschen Behörden durch die hohe Zahl der Flüchtlinge überfordert sein könnten. 63 Prozent der Befragten äußern diese Befürchtung, ein Zuwachs also um sechs Prozentpunkte.
Ebenfalls 63 Prozent der Befragten haben Angst, dass der weitere Zuzug von Ausländern zu Spannungen zwischen diesen und den Deutschen führt – Platz drei in der Studie. Dahinter folgt auf Rang vier die Befürchtung, dass die Politiker von ihren Aufgaben überfordert sind. 61 Prozent äußern diese Befürchtung, ein Zuwachs um sechs Prozentpunkte.
"Das ist für Deutschlands Politiker ein katastrophales Urteil", konstatierte Schmidt. Untermauert wird dies noch von Schulnoten, die die Befragten an Politiker vergeben. "48 Prozent der Befragten bewerten die Arbeit der Politiker mit 'mangelhaft' oder 'ungenügend' und erklären diese damit zu "Sitzenbleibern". Mit einem Anteil von noch nicht einmal sechs Prozent fallen die Noten 'sehr gut' oder 'gut' äußerst spärlich aus."
Auf den Plätzen fünf bis zehn folgen diese Sorgen: Terrorismus, Kosten der EU-Schuldenkrise, Extremismus, Naturkatastrophen, Schadstoffe in Nahrungsmittel sowie die Angst, im Alter ein Pflegefall zu werden. Die Werte liegen hier zwischen 59 (Terrorismus) und 52 Prozent (Pflegefall im Alter).
Beim Betrachten der Ergebnisse fällt auf, dass die Fokussierung auf Donald Trump vieler Artikel in den Medien zu dieser Studie (jedenfalls der meisten, hier und da) mindestens irreführend ist. Einerseits wurde die Frage nach Trump im vergangenen Jahr noch nicht gestellt, so dass keine Entwicklung erkennbar ist. Zum anderen ist der Wert von 69 Prozent angesichts der einhellig negativen Berichterstattung der Mainstreammedien eher noch moderat zu nennen. Auch dürfte Trumps Politik bislang das Leben der wenigsten Deutschen wirklich beeinflusst haben.
Anders bei den innenpolitischen Themen: Hier dürfte eigenes Erleben durchaus eine Rolle bei der Bewertung der Ängste gespielt haben, zumal die Medien immer noch mehrheitlich positiv über Migration und erstaunlich nachsichtig über die deutsche Politik berichten. Deshalb sind die großen (und wachsenden) Ängste vor Migration und deren Folgen sowie vor Politikversagen die eigentliche Nachricht, die dieser Studie zu entnehmen ist.
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