Die linke Sammlungsbewegung "Aufstehen" hat in den ersten Tagen ihres Bestehens mehr als 50.000 Anmeldungen von potenziellen Unterstützern bekommen. "Wir sind sehr zufrieden. Wir haben mit einem solchen Zustrom nicht unbedingt gerechnet", sagte der frühere Linken-Vorsitzende und Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Saarbrücken. Die von der Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, Lafontaines Frau Sahra Wagenknecht, gegründete Bewegung wolle "vor allem die ansprechen, die seit vielen Jahren enttäuscht sind, die sich von der Politik nicht mehr vertreten sehen". Dazu gehörten auch jene, die "manchmal dann aus Protest auch die AfD gewählt haben", so Lafontaine.
Diese Wählerinnen und Wähler, die im Grunde genommen auch die Politik der AfD ablehnen, aber sie nur aus Protest wählen, wollen wir zurückgewinnen.
Die Internetseite www.aufstehen.de war am Samstag online gegangen. Der offizielle "Start der Bewegung" wurde für den 4. September angekündigt. In den vergangenen Monaten hatte Wagenknecht wiederholt um unzufriedene Anhänger von SPD und Grünen geworben, die sich nicht mehr mit dem Kurs ihrer Parteiführungen identifizieren. Sie sah sich aber auch - vor allem aus den eigenen Reihen - mit dem Vorwurf konfrontiert, im Revier der AfD zu wildern.
"Die große Mehrheit der Bevölkerung will die Agendapolitik nicht"
Lafontaine sagte, "Aufstehen" sei eine überparteiliche Bewegung. Es gebe für die Mitglieder keine Gesinnungsprüfung:
Aber wer sich bei uns anmeldet, muss sich zu unseren Zielen bekennen. Wenn einer vom Saulus zum Paulus wird, dann ist das ja gerade das Ziel der Bewegung.
Bei der offiziellen Vorstellung der Bewegung am 4. September würden auch einige Prominente anwesend sein, "die sich bisher noch nicht öffentlich geäußert und zur Bewegung bekannt haben". Anschließend soll es bundesweit eine Reihe von Kongressen zu einzelnen Themen geben.
Der saarländische Fraktionschef der Linken sagte weiter, es sei "ein Versagen des parlamentarischen Systems", wenn sich die in der Bevölkerung vorhandene "Mehrheit für höhere Löhne, bessere Renten und soziale Leistungen, für eine andere Außenpolitik, gegen Kriegsbeteiligungen und Waffenlieferungen und gegen Umweltzerstörung" im Parlament nicht mehr abbilde. Das etablierte Parteiensystem werde von vielen als zu starr empfunden.
Eine neue Machtoption werde es aber nur geben, "wenn sich auch SPD und Grüne verändern". Solange die SPD an der Agenda 2010 festhalte, gebe es im Bundestag "keine Mehrheit, die dem Willen der Bevölkerung Rechnung trägt". Die große Mehrheit der Bevölkerung wolle die Agendapolitik nicht. Solange die Grünen "sich mehr oder weniger als verlängerter Arm des US-Außenministeriums positionieren und Frieden und Ausgleich mit Russland ablehnen", sei eine neue Politik auch nicht möglich. Deswegen sei eine Bewegung "mit dem Ziel, eine inhaltliche Erneuerung der deutschen Politik auf den Weg zu bringen, die richtige Antwort". Es wäre jedoch "völlig gegen unsere Absichten, jetzt von einer neuen Partei zu reden".
AfD aus Sicht Lafontaines eine "neoliberale" Partei
Zur AfD sagte Lafontaine, diese sei "eine neoliberale Partei, die mit sozialen Fragen wenig am Hut hat". Alle Untersuchungen zeigten aber, dass viele Arbeiter und Arbeitslose die AfD wählten. "Sie kämen ja, wenn die AfD regieren würde, vom Regen in die Traufe. Und das ist natürlich eine Herausforderung für alle Parteien, die sich für die Arbeitnehmerschaft engagieren wollen."
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(dpa/rt deutsch)