Dort war es eine "Elfenbeauftragte", die ganz offiziell die schlimmsten Anziehungspunkte für Unfallaufkommen "energetisch versiegeln" durfte.
Was wie nach einer TV-Produktion klingt, ist vor ein paar Wochen tatsächlich geschehen, wie erst jetzt bekannt wurde. Die Landesstraßenbaubehörde Hannover, so berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) als Erste, begleitete zwei Frauen auf einem Einsatz, den man so wahrscheinlich nicht erwartet hätte. Eine davon, Melanie Rüter, beschreibt sich selbst als einen Menschen, der seit frühester Kindheit "Dinge zwischen Himmel und Erde" sehen könne, "die der Verstand nicht greifen kann". Sie führt in Deensen eine Praxis als "Medium" und kann laut eigener Aussage "mit der Natur und ihren sichtbaren und unsichtbaren Wesen" kommunizieren. Eine "Elfenbeauftragte" eben.
Die andere Dame, Marion Lindhof, war Partnerin von Melanie Rüter an jenem Tag im Juni auf der A2. Sie führt in Sehnde einen Gassi-Service für Hunde und betätigt sich - weil man in Zeiten wie diesen mit einem zweiten Standbein einfach besser steht - auch im Bereich des Schamanismus. Die beide verbindet ganz offensichtlich eine Gabe, die man allgemein wohl als esoterisch und schlimmstenfalls als Blödsinn einordnen würde.
Die beiden Damen müssen irgendwelche Auffälligkeiten auf der Autobahn A2 bei Hannover gespürt haben, wo sich jedes Jahr über 2.000 Unfälle ereignen. Etwa 330.000 Verkehrsteilnehmer passieren täglich das Gebiet der Polizeidirektion Hannover, die für 330 Kilometer Autobahnen zuständig ist. Von 2.815 Unfällen auf diesen 330 Kilometern im Jahr 2017 passierten 2.029 auf der A2. Im Jahr 2014 starben insgesamt 12 Menschen in Niedersachsen im Straßenverkehr, davon 10 auf der A2. Es muss also mehr dahinterstecken als die üblichen Antworten auf solche Fragen, meinten die beiden Frauen Rüter und Lindhof.
Und eine mögliche Antwort war nach ihrer Überzeugung, dass es "sehr traurige Energien" an der Autobahn gab. Bezüglich der Unfälle selbst, zumindest in einigen Fällen davon, wollen sie die Schuld bei "aufgebrachten Naturwesen" identifiziert haben, die "rebellierten und sich ihr Stück Natur zurückholen wollten". Deswegen haben die Esoterikerinnen zusammen mit der Landesstraßenbaubehörde Hannover an einer "ohnehin geplanten" Streckenkontrollfahrt teilgenommen, wie Friedhelm Fischer, Chef der Behörde, mitgeteilt hatte. An fünf neuralgischen Punkten haben Melanie Rüter und Marion Lindhof die Stellen "energetisch versiegelt", wie man es auch bei Geisterportalen tun würde.
Es ist dann auch wie bei den anderen unerklärlichen Phänomenen, ob Poltergeister oder gefangene Seelen: Wenn es aufhört, dann spielt es auch keine Rolle mehr, wie lächerlich die Methode am Anfang erschienen sein mag. Hauptsache, der Spuk hat aufgehört. Und sollte der Einsatz der "Elfenbeauftragten" und der Schamanin tatsächlich eine Verringerung der Unfälle auf der Autobahn A2 zur Folge haben, wird am Ende niemand mehr fragen, was genau zur Verbesserung der Lage beigetragen hat.
Update: Wir inzwischen bekannt wurde, hat das niedersächsische Verkehrsministerium dem Elfentreiben auf der A2 ein Ende bereitet. „Man hat sich darauf verständigt, dass es solche Vorfälle in Zukunft nicht mehr geben wird“, sagte Ministeriumssprecher Eike Frenzel gegenüber der Bild-Zeitung.