Oberleutnant Matthias Lehna (27) - zunächst Zugführer bei den Gebirgsjägern in Bad Reichenhall - steht vor großen Herausforderungen: Er muss Soldaten in weltweiten Einsätzen der Bundeswehr führen. Ein Filmteam begleitet ihn für eine Folge der ZDF-Reportagereihe 37 Grad mit dem Titel Einsatz im Wüstensand - Ein Soldat auf Friedensmission.
Es geht vom idyllischen Bad Reichenhall nach Mali. In der Region "herrscht erhöhte Gefahr für terroristische Anschläge und Entführungen. Nord-Mali mit Gao und Kidal gilt als Drehkreuz des Drogenschmuggels von Südamerika in Richtung Europa", aber was ihn dabei am meisten interessiert, ist der Aspekt der Verantwortung.
Vor dem Einsatz ist sich der junge Mann bewusst:
Das wird die bisher größte Herausforderung in meiner Laufbahn", so Matthias nachdenklich.
'Hauptsache, meine Jungs kommen alle wieder heil zurück."
Mit Matthias Lehna in der Besetzung hat das Film-Team einen Protagonisten wie aus einem Katalog für Soldaten-Drama-Darsteller gefunden. Dabei ist er kein Schauspieler, sondern hat sich nach dem Abitur für zwölf Jahre bei der Bundeswehr verpflichten lassen. Er ist nicht einmal 30 Jahre alt, mit kameratauglichem Äußeren und besonnenem Wesen - kein blinder Abenteurer, sondern ein potenzielles Vorbild nimmt den Zuschauer mit nach Mali.
Der Film beginnt mit Aufnahmen aus dem idyllischen Bad Reichenhall. Auch das Private im Hintergrund wird die Zuschauer bewegen. Denn kurz bevor er mit der Luftwaffe in die Gefahrenzone abheben wird, heiratet er seine schwangere Freundin, die versucht, tapfer zu sein. Aufnahmen zeigen die beiden vorrangig lachend bei einem gemeinsamen Picknick - bis das Thema Auslandseinsatz aufkommt. Da wird Clara ernst, sie hat Angst, sieht aber gleichzeitig die Verantwortung, welche Deutschland damit wahrnimmt. Er trägt für sein Alter enorme Verantwortung, sagt aber zuversichtlich, er habe seine 41 Männer in vier Monaten entsprechend vorbereitet.
Gefahren, die Sinnfrage und lachende Kinder
Kurze Zeit später ist er im Feldlager der Bundeswehr im "Camp Castor" in Gao - Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen bezeichnete die Mission in Mali als einen der anspruchsvollsten Einsätze der Bundeswehr, "wenn nicht der gefährlichste überhaupt". Der Film erwähnt, dass die Soldaten einen Gefahrenzuschlag von 110 Euro pro Tag erhalten.
Auch an Spannung fehlt es nicht. Ein Panzerfahrer wird durch eine Sprengfalle schwer verletzt. Doch Lehna behält die Ruhe und handelt, seine Männer leisten im entscheidenden Moment Erste Hilfe, und das Ganze in der sengenden Hitze. Auch muss mal ein "Sweep" durchgeführt werden, nachdem es Hinweise auf Sprengsätze und einen möglichen Anschlag gab. Lehna hat den Auftrag zur Entschärfung, und "jeder Fehler kann zu Opfern führen" - wobei es UN-Sprengsatz-Experten aus Kambodscha sind, die sich in die unmittelbare Gefahr begeben. Daran ändert auch die dramatische Sound-Untermalung nichts. Zwischendurch stellt sich die Sinnfrage, aber Lehna sieht keinen Platz für Frust. Die schwangere Clara versucht, sich nicht durch die Meldungen aus dem gefährlichen Afrika im Alltag beeinträchtigen zu lassen. Matthias weiß, dass Tod und Töten ein Thema sind. Aber die Mission soll das Land ja stabilisieren.
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Der besonnene Bundeswehr-Protagonist trifft sich mit den Menschen vor Ort zum Tee und spricht mit ihnen über ihre Sorgen. Vor Bildern von den Einheimischen teilt der Sprecher mit, dass Land und Leute vor der Mission unter islamistischem Terror litten, auch die Kriminalität, Droggenschmuggel machen das Leben schwer.
Doch dank des Einsatzes, so der Sprecher, funktioniert das Dorf wieder, und die Bilder bestätigen dies: lachende Kinder, funktionierende Brunnen. Auch Lehna sagt, alle wichtigen Indikatoren bei seinem Besuch zeigten, dass es den Menschen dank der Mission besser gehe, und die Leute wollen, dass sie vor Ort sind.
Und vor allem: In vier Monaten Einsatz haben die Soldaten keinen einzigen Schuss abgegeben. Die Kritik an Auslandseinsätzen der Bundeswehr wird in dem Film hinterfragt und schlussendlich mit dem Film widerlegt.
Lehna betont nach seiner Rückkehr seinen gesellschaftlichen Auftrag:
Ich bringe mich auf meine Art und Weise in die Gesellschaft ein. Und das ist elementar wichtig. Davon bin ich überzeugt!"
Gebührenfinanzierte Arbeitgeberwerbung für die Bundeswehr?
Im Beschreibungstext der Doku heißt es, die Zeit in Mali werde den jungen Mann verändern.
Während der vier Monate in der Wüste stellt sich Matthias den Fragen nach dem Sinn des Einsatzes, nach der Pflicht des Dienens, nach dem Tod und dem Töten."
Die Autoren zeigen nach eigener Beschreibung
ein authentisches Bild einer neuen Generation von Soldaten, die sich dafür entscheiden, für ihr Land zu dienen."
Eine Mischung aus Abenteuer, echter Gefahr und Menschlichkeit als Motivation - damit ist der Film der Internetserie "Mali" sehr ähnlich, der kostspieligen Marketing-Aktion, mittels derer die Bundeswehr um Nachwuchs wirbt, dem so genannten Employer-Branding. Zwar ist diese Action-Version anders als die Doku, aber es gibt zahlreiche schnelle Schnitte und Kameratricks sowie Einblendungen. Doch wie die Bundeswehr-Serie, nur nicht offiziell als Arbeitgebermarketing, wird der Zuschauer mitgenommen in ein Abenteuer, nah am bewundernswerten, mutigen aber menschlichen Bundeswehr-Protagonisten bei dessen Herausforderungen im fernen Mali.
Auch die Produktion von "Einsatz im Wüstensand - Ein Soldat auf Friedensmission" dürfte kostspielig gewesen sein, erleben doch auch die Filmemacher selbst das Abenteuer in der gefährlichen Sahel-Region und durchliefen eigens dafür nach Vorgabe des ZDF eine
intensive Vorbereitung für die Dreharbeiten. Ein umfangreiches Sicherheitskonzept wurde entwickelt. Das Team durchlief einen Lehrgang zum Schutz und Verhalten in Krisenregionen am UN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg."
Die Investitionen öffentlicher Gelder - knapp acht Millionen Euro - für die Internetserie "Die Rekruten", dem Vorgänger von "Mali", rechtfertigte des Verteidigungsministerium damit, dass sie ihren Zweck erfüllt und die Personalanwerbungsseite der Armee während der Ausstrahlung 40 Prozent mehr Zugriffe verzeichnet habe, die Bewerbungen für die Mannschafts- und Unteroffizierslaufbahn um gut 20 Prozent gestiegen sei. Der Kommunikationschef der gut entlohnten Werbekampagne brüstete sich mit Werbeerfolgen bei Minderjährigen:
Es ist uns gelungen, die Bundeswehr zum Pausengespräch auf vielen Schulhöfen in Deutschland zu machen", sagt Bundeswehr-Kommunikationsbeauftragter Dirk Feldhaus.
Während die ZDF-Doku 37 Grad zwar nach 22 Uhr und nicht im KiKa gesendet wird, ist sie ein gutes Jahr lang zu jeder Uhrzeit in der Mediathek verfügbar und hat ebenfalls das filmische Zeug, junge Deutsche für den Dienst an der Waffe zu gewinnen, schließlich wird damit ja kaum geschossen.