Das Thema Burkinis für muslimische Mädchen im Schwimmunterricht sorgt weiterhin für hitzige Debatten. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hatte am vergangenen Sonntag auf einer Veranstaltung der Zeit gesagt, dass in diesem Fall der Bildungsauftrag im Vordergrund stehe. Das Wichtigste sei, dass die Kinder schwimmen lernen. Deshalb sei es vertretbar, wenn Schulen die Teilnahme am Schwimmunterricht förderten, indem sie die Kleidungsstücke, die bis auf Gesicht, Hände und Füße alle Körperteile bedecken, erlauben und ausgeben. Für diese Aussagen erntete die ehemalige Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Neukölln heftige Kritik, nicht nur aus der Politik. In sozialen Medien erntete sie große Ablehnung.
Die Frauenrechtlerin und Gründerin einer liberalen Moschee Seyran Ateş widersprach der Darstellung, Burkinis seien vertretbar. "Nein, das sind sie nicht, Frau Ministerin", erklärte Ateş auf Facebook. Der Islam-Experte Ahmad Mansour schrieb in dem sozialen Netzwerk zu Giffeys Äußerung: "Natürlich müssen alle Kinder lernen zu schwimmen, aber ohne Symbole der Unterdrückung."
Nun ergriff die SPD-Politikerin am Montag via Facebook noch einmal das Wort und stellte klar, was sie mit ihren Äußerungen ganz genau gemeint hatte.
Um es deutlich zu sagen: Ich befürworte nicht das Tragen von Burkinis im Schwimmunterricht", teilte sie mit.
Zu keinem Zeitpunkt hätte sie das Tragen von Burkinis im Schwimmunterricht für "unproblematisch" erklärt. "Im Gegenteil - es ist ein sehr schwieriges Thema."
Sie betonte aber auch: "Wir müssen aber sehr konsequent darin sein, dafür zu sorgen, dass alle Kinder schwimmen lernen, egal welcher Herkunft sie sind und welche Religion sie haben. Schwimmen ist Teil des Sportunterrichts und damit Teil der Schulpflicht." Diese sei durchzusetzen. Wenn Schulleiter vor Ort dann eine pragmatische Lösung fänden, sollte sich kein Bundespolitiker darüber erheben. Die SPD-Politikerin stellte noch mal klar, dass für sie "das Vermitteln einer Überlebenstechnik" wichtiger sei als "die Badebekleidung".
Gerichte befassten sich bereits mit diesem Thema
In Deutschland und Europa mussten sich mehrfach Gerichte mit der Frage befassen, ob muslimische Mädchen sich aus religiösen Gründen vom gemeinsamen Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen befreien lassen können. Ende 2013 hatte das Bundesverwaltungsgericht den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag über die Glaubensfreiheit gestellt und auf den Burkini als akzeptablen Kompromiss verwiesen. Damit scheiterte die Klage einer muslimischen Schülerin aus Hessen, die in der Schule die Note Sechs kassiert hatte, weil sie sich des Schwimmunterrichts verweigerte. Das Mädchen marokkanischer Abstammung hatte es auch abgelehnt, einen Burkini zu tragen - dieser lasse nass trotzdem die Körperkonturen erkennen, erklärte sie. Gegen das Urteil zog das Mädchen noch vor das Bundesverfassungsgericht, dieses nahm die Beschwerde wegen inhaltlicher Mängel aber nicht an.
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschäftigte sich mit diesem Thema. Im Januar 2017 befand der EGMR, Schulen dürften muslimische Mädchen zum gemeinsamen Schwimmunterricht verpflichten. Die Richter argumentierten, die Schule spiele bei der sozialen Integration eine besondere Rolle, vor allem für Kinder ausländischer Eltern. Geklagt hatte ein türkischstämmiges Ehepaar aus Basel in der Schweiz.
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(rt deutsch/dpa)