Die bundeseigene Heeresinstandsetzungslogistik GmbH (HIL) ist für die Instandhaltung von Militärfahrzeugen und Geräten wie Panzer, Radfahrzeuge und Haubitzen zuständig und beschäftigt 2.000 Mitarbeiter.
Bis Ende 2020 sollen die drei Werke der HIL-GmbH in Brandenburg, Hessen und dem Saarland privatisiert werden. Die Belegschaft ist dagegen, während das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) Einsparungen von rund 180 Millionen Euro innerhalb von 20 Jahren verspricht. Dafür maßgeblich eingesetzt hatte sich die ehemalige Staatssekretärin und frühere McKinsey-Beraterin Katrin Suder.
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Gravierende Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe
Doch bereits vor der Privatisierung dieser lukrativen Werke verdienten an dem Unterfangen private Unternehmen. So sollen im Rahmen der Privatisierung Beraterverträge vergeben worden und dadurch Ausgaben in Höhe von 42 Millionen Euro entstanden sein.
Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates bei der HIL GmbH, Matthias Moseler, vermutet Untreue und Korruption. Hohe Beamte des BMVg, die sogenannten "Task Force HIL"-Gruppe, hätten Millionenaufträge an Berater freihändig am Haushaltsausschuss vorbei vergeben, die Aufträge sollen nicht europaweit ausgeschrieben worden sein und neben Beratern haben auch Ministerialbeamte mit überhöhten Stundensätzen von 450 Euro daran gut verdient.
... Geld, das für die Reparatur des maroden Bundeswehrgeräts fehle. Moseler hatte den Korruptionsbeauftragten des Verteidigungsministeriums über seinen Verdacht informiert. Der aber konnte weder ein dienst- noch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten feststellen."
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Betriebsrat Moseler hat gegen zwei hohe Beamte des Bundesverteidigungsministeriums Strafanzeige wegen Untreue erstattet.Die Staatsanwaltschaft ermittelt, doch die Ausschreibung läuft bereits.
Wie die ARD unter Berufung auf ein Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion berichtete, stellen sich die Sozialdemokraten nun gegen die vom Koalitionspartner CDU vorangetriebene Privatisierung und bezeichnet sie als "nicht zustimmungsfähig."
Die Arbeitsgruppe für Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion befand, die Heeresinstandsetzungslogistik bedürfe einer Neukonzeption, jedoch keiner Privatisierung.
Ihr Sprecher, Fritz Felgentreu, äußerte Zweifel an dem vorgeblichen Einsparungspotential und verwies auf die Gefahr der Abhängigkeit von privaten Unternehmen
Weil ich weiß, dass es auch andere Meinungen gibt, die nicht glauben, dass eine so hohe Einsparung oder das überhaupt eine Einsparung erreicht werden kann."
Mit den 42 Millionen Euro Ausgaben an teure Berater – günstigere Anbieter kamen dem Bericht zufolge gar nicht erst zum Zug – läuft der Vorgang bereits den Zwecken der Wirtschaftlichkeit und Effizienz zuwider, mit denen eine Privatisierung beworben wird.
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In einem Bericht des Verteidigungsministeriums heißt es, eine rechtmäßige Aufhebung des laufenden Vergabeverfahrens sei nicht möglich, so die ARD. Dem widerspricht die SPD
Am Ende dieser Ausschreibung muss dieses Ergebnis irgendwann einmal dem Verteidigungsausschuss und dem Haushaltsausschuss vorgelegt werden. Die entscheiden abschließend, ob sie zustimmen oder nicht. Wir glauben als SPD-Fraktion, dass wir da nicht zustimmen können. Das müssen potenzielle Bewerber ja auch wissen. Damit sie abschätzen können, welche Risiken sie da eingehen. So ein Bewerbungsverfahren kostet ja auch Geld."
Treibende Kraft der Privatisierung: Von der Leyens Superstar aus dem Hause McKinsey
Verteidigungsministern von der Leyen (CDU) hat sich bereits zuvor für den Einsatz von Unternehmensberatern im Verteidigungsministerium einerseits und andererseits für die Privatisierung von Teilen des Heeres, darunter die sensible Beschaffung, eingesetzt.
Im August 2014 holte sie Dr. Katrin Suder, Diplomphysikerin und ehemalige McKinsey-Direktorin, als Staatssekretärin ins Bundesverteidigungsministerium. Sie war es laut ARD, die den Verkauf der HIL-Werke "mit Nachdruck vorangetrieben" hat.
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Dabei scheint es, als habe die HIL bereits ungute Erfahrungen mit dem Privatsektor im Allgemeinen und den drei deutschen Rüstungsfirmen Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann und Diehl im Besonderen gemacht. Einem Bericht der Welt zufolge wurde das mehrheitlich privatisierte Unternehmen erst im Jahr 2013 wieder entflochten und komplett staatlich, nachdem es kartellrechtliche Bedenken bei dem Mehrjahresauftrag für Arbeiten im Wert von über einer Milliarde Euro gegeben hatte.
Privatisierungen sind also nicht nur für Betriebsangestellte, sondern auch für Steuerzahler bedenklich, ebenso wie die Tätigkeit von Beratern in der Politik für die Wähler.
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Denn nicht nur zählen Unternehmensberatungen selbst auf lukrative Großkunden im Rüstungssektor, sondern zudem wechselt auch immer wieder Personal zwischen Beratungsfirmen und privaten Rüstungsanbietern. Bekannte Anbieter wie Airbus, Heckler & Koch, Rheinmetall sowie Diehl Defence, Atlas Elektronik, MTU und andere gehören zu den einträglichsten Kunden jener Unternehmensberater, welche auf den Wunsch von Ministerin von der Leyen auch das Verteidigungsministerium beraten.
Ein Blick auf die entsprechenden Politikbereiche zeigt, dass mit den in externe Beratung geflossenen Steuersummen alles andere als Politik im Sinne der Bürger entsteht.
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So gab der Bund zwischen 2015 und 2018 an externe Anbieter Aufträge in Höhe von 54,8 Millionen Euro, das größte Stück vom Kuchen bekam mit satte 45,4 Millionen Eurodas Beratungsunternehmen McKinsey, welches das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei der Bewältigung der Asylverfahren "schneller und effizienter" machen sollte. Die Ergebnisse einer solchen Verquickung von Unternehmensberatung und Politik haben sich unter anderem im BAMF-Skandal gezeigt.
Dr. Katrin Suder wurde zu ihrem Abschied aus dem Ministerium im Mai noch die Ehre einer Serenade im Berliner Bendlerblock zuteil, so heißt es auf der Seite des BMVg:
Die feierliche Serenade ist eine Ehrenbekundung für Persönlichkeiten, die sich in besonderem Maße um die Bundeswehr verdient gemacht haben."