Die Bundesagentur für Arbeit meldet erneut die besten Zahlen seit der Wiedervereinigung - wie bereits im September vergangenen Jahres zeigt sie für den Mai Monat ein angebliches Rekordtief seit der Wende. Laut offizieller Zahlen, welche auch von den Medien aufgegriffen werden, registrierte die Arbeitsagentur für den Monat Mai zum Beispiel 2,3 Millionen Menschen ohne Job. Dazu sagt Chef der BA, Detlef Scheele:
Der Aufwärtstrend am Arbeitsmarkt setzt sich somit fort, wenn auch schwächer als in den Wintermonaten."
Fertig ist die Nachricht dann mit dem scheinbar ehrlicheren Hinweis darauf, dass die offizielle Arbeitslosenzahl ja noch nicht die Anzahl der so genannten "Unterbeschäftigten" einkalkuliert habe. Nach der offiziellen Definition müssten zusätzlich Menschen in entlastenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt werden. Doch auch diese Anzahl sei um mehr als 200.000 Personen im Vergleich zum Vorjahr „deutlich gesunken“ und betrage im März 3,286 Millionen Menschen.
Auch für den Monat März diesen Jahres lautete die frohe Kunde von einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit. Gemäß Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren es 2.458.000 Menschen, gut 200.000 weniger als im Mai des Vorjahres und ein Rückgang um 0,2 Prozent zum Vormonat. Die höhere Zahl, inklusive der Unterbeschäftigten lag nach Angaben der BA bei 3.441.000 Personen, 232.000 weniger als im Vorjahr.
Begriffe wie "Unterbeschäftigte" dienen zur Manipulation- doch auch damit unvollständig
So weit, so positiv und offenbar noch immer so unvollständig - meint zumindest das Projekt O-Ton Arbeitsmarkt, eine Kooperation des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung (ISAM) mit dem Evangelischen Fachverband für Arbeit und Soziale Integration e.V. (EFAS) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Arbeit e.V..
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Nach Recherchen von O-Ton Arbeitsmarkt lebten im März diesen Jahres 6,97 Millionen - also nahezu dreimal so viele Menschen wie offiziell von der Bundesbehörde angegeben - von Arbeitslosengeld beziehungsweise Hartz IV. Demnach bezogen rund 835.000 Menschen Arbeitslosengeld und knapp 6,21 Millionen Menschen lebten in einem Hartz-IV-Haushalt, einer so genannten Bedarfsgemeinschaft, darunter im Monat Februar über zwei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
Zudem verbergen die offiziellen Zahlen eine beträchtliche Anzahl an Leistungsempfängern, weil diese statistisch nicht als „arbeitslos“ gelten. Zum einen gibt es die so genannten Unterbeschäftigten. Damit sind offiziell jene Personen gemeint, die sich in einer der umstrittenen „Maßnahme zur Wiedereingliederung“ befinden. Oder jemand hat bereits die Altersmarke von 58 Jahren überschritten und - wie viele Arbeitslose - innerhalb von zwölf Monaten kein konkretes Jobangebot erhalten. Oder man ist zum Beispiel krank geschrieben. Diese Anzahl lag offiziell bei knapp 3,42 Millionen. Dabei ist die Definition von Unterbeschäftigung irreführend, da es sich schließlich nicht um Beschäftigte handelt, die gern mehr arbeiten würden. Der Ökonom Prof. Heinz-Josef Bontrup bezeichnet die Anwendung solcher Definitions-Tricks seitens der Politik gar als Volksverdummung.
Jedoch gibt es darüber hinaus eine hohe Anzahl an „inoffiziellen Arbeitslosen“, nämlich Personen, die den Vermittlern nicht zur Verfügung stehen und nicht auf der Suche nach einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sind. Zum Teil, weil sie anderen menschlichen Tätigkeiten nachgehen, wie der Erziehung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen. Oder aber sie machen eine Ausbildung oder sind im Vorruhestand. Außerdem schließt diese höhere und scheinbar vollständigere Zahl der Unterbeschäftigten Selbstständige aus, die bei ihrem Unterfangen finanzielle Unterstützung erhielten, sowie Menschen in Altersteilzeit und Kurzarbeiter.
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Auch so genannte „Aufstocker“ oder „Ergänzer“ tauchen nicht in den Statistiken auf, also die - für eine Wirtschaftsmacht verblüffend hohe - Anzahl von Personen, die aufstocken müssen, obwohl sie Arbeit haben, damit jedoch ein Einkommen unter dem Existenzminimum erzielen und deshalb vom Amt noch zusätzlich Hartz-IV-Leistungen benötigen.
Laut O-Ton Arbeitsmarkt gelten im Hartz-IV-System über die Hälfte der Leistungsempfänger im erwerbsfähigen Alter als nicht arbeitslos.