Wer hat die besseren Jobs, wer entscheidet und wem gehört das Land? Frontal 21hat dazu klare Antworten. Mit Blick auf die Postenverteilung zeigt sich klar, dass insbesondere in gehobeneren Positionen kaum Ostdeutsche zu finden sind. Gerade einmal 1,7 Prozent der leitenden Positionen der obersten Führungsebene werden dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge von Bürgern aus den neuen Bundesländern besetzt - auch in Ostdeutschland selbst.
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Ein Beispiel zeigt auch die Wissenschaft: Der Anteil an Ausländern an Leitungsposten in deutschen Forschungsinstituten liegt mit 24 Prozent deutlich über jenem von Ostdeutschen - mit gerade einmal 15 Prozent. Selbst Frauen haben hierzulande demnach bessere Chancen, in Führungspositionen aufzusteigen, als Ostdeutsche.
Und auch in der Politik sind die Eliten westdeutsch. Trotz der zähen Regierungsbildung besteht die neue Bundesregierung beinahe ausschließlich aus Westdeutschen, mit Ausnahme einer SPD-Ministerin und der Kanzlerin, bei der jedoch fraglich ist, ob sie sich nicht mental längst so weit von ihrer Herkunft entfernt hat, dass diese eigentlich keiner Erwähnung mehr wert ist.
Eliten westdeutsch - Fußvolk ostdeutsch
Das Gefälle zwischen Ost und West zeigt sich auch im Heer. So gibt es gerade einmal zwei ostdeutsche unter den 202 Generälen der Bundeswehr, während die Hälfte der in Afghanistan und im Kosovo stationierten Bundeswehrsoldaten vor zehn Jahren aus Ostdeutschland stammte. Dies lag unter anderem daran, dass Wehrdienstberater der Bundeswehr vor allem dem Nachwuchs im Osten eine "Karriere mit Zukunft" und gutes Gehalt versprachen. Der Dienst in Afghanistan zum Beispiel wurde etwa mit einem "Auslandsverwendungszuschlag" von täglich 110 Euro zu dem erst um das Jahr 2009 an West-Standard angepassten Grundsold vergütet.
Der Bundestagsabgeordnete Peter Hettlich (Bündnis 90/Die Grünen) hatte eine Kleine Anfrage zur Herkunft der Soldaten im Auslandseinsatz eingebracht und erfuhr daraufhin von der Bundesregierung, dass vor allem der Großteil der Soldaten in niederen Dienstgraden aus Ostdeutschland stammt. Junge Welt titelte daraufhin "Ossis als Kanonenfutter" und Jungle World schrieb vom "Arbeitslosenheer".
Der aus Köln stammende, über die sächsische Landesliste ins Parlament gelangte Abgeordnete führt dies darauf zurück, dass "ostdeutsche junge Leute sehr viel geringere zivile Lebensperspektiven haben als westdeutsche" und meint, es sei explizit goutiert worden, dass man junge Leute dort finden würde, die bereit wären, "für eine Auslandszulage ihren Kopf hinzuhalten". Ebenfalls überproportional war entsprechend auch der Anteil der ostdeutschen Gefallenen. Aktuelle Zahlen wollte das Verteidigungsministerium auf Anfrage nicht herausgeben, obwohl das laut Hettlich sehr leicht möglich wäre, sogar nach Postleitzahlen geordnet.
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Aktuell versuchen Wessis zudem "nochmal ihr Glück" im ostdeutschen Immobiliensektor, wie der Beitrag von Frontal 21 ebenfalls zeigt. Aus den alten Bundesländern stammende Immobilienmakler und Investoren verdrängen demnach ostdeutsche Mieter, indem sie Häuser kaufen und West-Mieten verlangen. Jeder Dritte im Osten Beschäftigte bezieht jedoch ein Brutto-Gehalt von unter 2.000 Euro. Während Vermögen generell eher durch Kapital als durch Arbeit wächst, steht jedoch auch dieses vor allem in Westdeutschland zur Verfügung. Ostdeutsche hinterlassen ihren Erben im Schnitt gerade mal 50.000 Euro, Westdeutsche beinahe drei Mal so viel, im Durchschnitt 140.000 Euro.
Sogar im Sport zeigen sich die Unterschiede: Da im Westen mehr Geld fließt, sei etwa die Bundesliga westdeutsch, so der Bericht - eine Ausnahme bildet der vom Österreicher Dietrich Mateschitz zum Vorzeigeverein RB Leipzig ausgebaute ehemalige SSV Makranstädt, der jedoch gerade unter den Anhängern ostdeutscher Traditionsklubs stark umstritten ist.
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Auch der Justizsektor liegt in West-Händen - lediglich 13,3 Prozent der im Osten tätigen Richter stammen aus Ostdeutschland. Unter den Bundesrichtern sind es nur drei von 336.
Bereits im vergangenen November bemängelte Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), die dürftige Repräsentation Ostdeutscher in öffentlichen Institutionen. Die Dominanz der Westdeutschen in den Eliten werde immer noch als kultureller Kolonialismus erlebt und bringe eine Interpretationshoheit westdeutscher Stimmen mit sich, meint Krüger.
Holger Beeck, Vorstandsvorsitzender von McDonalds Deutschland, bemerkt in dem ZDF-Beitrag, dass es ja
eine Vereinigung sein sollte, wobei es darum geht, dass mitgeredet wird - solange ein Teil nicht mitredet ist es eher eine 'Übernahme'.
Er könne nachvollziehen, dass Ostdeutsche sich fremd im eigenen Land fühlen und sieht darin eine Gefahr für die Gesellschaft, weil sich eine Gruppe von 17 Prozent nicht "auf Dauer an den Rand drängen" lasse.