RT Deutsch dokumentiert im Folgenden den Erfahrungsbericht eines Mitarbeiters einer auf Asylverfahren spezialisierten Anwaltskanzlei, der anonym bleiben möchte. Die Identität des Mannes, der zuvor für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gearbeitet hatte, ist uns bekannt. Wir möchten unsere Leserschaft darauf hinweisen, dass es sich um einen subjektiven Erfahrungsbericht handelt. Die darin gemachten Äußerungen und Behauptungen werden daher nicht zwangsläufig von RT Deutsch geteilt und können nicht unabhängig verifiziert werden.
Als die Flüchtlingskrise in Deutschland im Jahr 2015 ihren Lauf nahm, war ich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als Entscheider beschäftigt. Zu Beginn herrschte in der öffentlichen Meinung und Politik eine beinah uneingeschränkte Willkommensstimmung. Deutschland sah sich in der Rolle des guten Samariters und die Medien feierten die Tugenden der Kanzlerin. Doch mit Fortlauf der Krise kamen unweigerlich - und gegen den Widerstand vor allem linksliberaler Medien - Tatsachen zum Vorschein, die ein anderes Bild zeichneten: Und zwar, dass ein Großteil der Flüchtlinge nicht vor Angst und Verfolgung floh, sondern vor Armut und Perspektivlosigkeit. Und dass sich viele Flüchtlinge Deutschland aussuchten, weil es hierzulande die höchsten Sozialleistungen gibt.
Silvesternacht von Köln riss Willkommensrepublik aus dem Rausch der Gefühle
Wo man sich jedoch anfangs nicht traute, die Wahrheit öffentlich auszusprechen aus Angst, in die rechte Ecke der AfD gestellt zu werden, hat sich die öffentliche Meinung nach etlichen Gewalttaten junger, vor allem muslimischer Flüchtlinge gedreht. Vor allem die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln 2015/2016 führten zu einem Stimmungswandel.
Auch die Parteien haben den Trend erkannt und springen auf diesen auf, um Wählerstimmen zurückzugewinnen. Jüngstes Beispiel ist der populistische Versuch der CSU, die bayrischen Behörden mit Kruzifixen auszustatten: eine Maßnahme, die vor allem auf jene Wähler zielt, die sich der AfD zugewandt haben.
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Dass eine solche Politik nur auf die aktuelle Stimmung der Öffentlichkeit gerichtet ist und kaum von weitsichtigem und überlegtem Handeln getragen ist, steht auf einem anderen Blatt und ist Ausdruck einer Schwäche des demokratischen Systems.
Aus dem Innenleben der "Anti-Abschiebe-Industrie"
Nunmehr liegt der Fokus in der CDU/CSU darauf, die so genannte Anti-Abschiebe-Industrie zu bekämpfen. Doch was versteht man eigentlich darunter? Offensichtlich ist an den Flüchtlingen viel Geld zu verdienen. Angefangen von den Schleppern, NGOs und sozialen Organisationen bis hin zu den Rechtsanwälten.
Als gelernten Juristen hat mich besonders die letzte Gruppe interessiert. Daher hatte ich mich bei einer aufs Asylrecht spezialisierten Kanzlei beworben und dort bereits einen Tag nach dem Vorstellungsgespräch angefangen.
Das Geschäft mit den Flüchtlingen ist ein Massengeschäft. Die Mandanten zahlten bei uns das Minimum der vorgeschriebenen Gerichtskosten und dementsprechend lohnte sich die Praxis nur einer entsprechenden Vielzahl an Mandanten. Die Mandanten klagen gegen abgelehnte Asylbescheide oder gehen gegen eine erfolglose Klage in Berufung. Die Syrer, die subsidiären Schutz gewährt bekommen, versuchen, auf Flüchtlingsschutz zu klagen, damit sie ihre Familie leichter nachholen können.
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Wo ich vorher beim BAMF aufgrund der Informationen zu den Herkunftsländern jungen, alleinstehenden Afghanen oder Nigerianern eine Ablehnung gegeben hatte, musste ich jetzt versuchen, ein Szenario zu zeichnen, womit sich eine konkrete Lebensgefahr begründen ließ, die dem Mandanten bei Abschiebung in sein Heimatland drohen würde. Die Begründungen und Zahlen entnahmen wir Publikationen von Amnesty International oder anderen "unabhängigen" Berichten, die oft andere Zahlen und für die Flüchtlinge günstigere Prognosen lieferten. Bei Frauen und Kindern drückten wir häufig einfach auf die Tränendrüse.
Bei den Syrern vertraten wir die umstrittene These, dass Rückkehrern Verfolgung und Folter durch das Assad-Regime drohe. Der Ausgang vor Gericht war ganz unterschiedlich. Manche Gerichte folgten unserer Auffassung und unseren Quellen, andere wiederum nicht. Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es trotz einiger obergerichtlicher Entscheidungen dazu noch nicht.
Wenn dann ein Asylverfahren, das sich über zwei Jahren lang durch alle Gerichtsinstanzen hingezogen hatte, ablehnend entschieden wurde, ist die Abschiebeandrohung vollstreckbar. In diesem Fall haben wir dann in Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Mitarbeitern von Caritas und Co. neue ärztliche Atteste vorgelegt, die eine Abschiebung verhindern sollten. Oder wir haben argumentiert, dass mittlerweile auch die Familienangehörigen in Deutschland seien und das Aufenthaltsgesetz den Zusammenhalt von Familien vorsehe. Auch wenn der Migrant eine Ausbildung begonnen hat, kann er diese laut Aufenthaltsgesetz zu Ende bringen.
Anwaltskanzlei lässt Reisepapiere verschwinden
Wenn all diese Maßnahmen jedoch keine Früchte trugen und eine Abschiebung unausweichlich war, dann hat unsere Kanzlei auch schon mal zu weniger sauberen Mitteln gegriffen. Für eine Abschiebung in das Heimatland sind Reisedokumente erforderlich, damit das Land die Person auch annimmt. Wenn jedoch keine Papiere vorliegen, kann nicht abgeschoben werden. Also hat unsere Kanzlei die Reisepässe aufbewahrt beziehungsweise vor den Behörden versteckt. Um ihren Mitwirkungspflichten gerecht zu werden, wurden die Mandanten angewiesen, gelegentlich zu ihrer Botschaft zu fahren und als Beweis die Zugtickets einzureichen.
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Ein Extrembeispiel war ein bosnischer junger Mann, der im Jahr 1997 mit seiner Familie als Kind eingereist war und später abgelehnt wurde. Die ersten Jahre wurde die Familie wegen des Familienschutzes geduldet, insbesondere weil kleine Kinder vorhanden waren. Dann wurde der junge Mann geduldet, weil er eine Ausbildung machte. Diese brach er ein ums andere Mal ab und begann jeweils eine neue. In den Folgejahren gründete er eine eigene Familie mit einer bosnischen Staatsbürgerin, die nachgezogen war. Erneut wurde er dann wieder aus Gründen des Familienschutzes geduldet. Die Beziehung brach dann jedoch auseinander und die Mutter zog mit ihrem Kind wieder zurück in ihr Heimatland. Nach mehreren kleinen Straftaten und abgebrochenen Ausbildungen erteilte die Behörde erneut eine Abschiebungsandrohung. Doch jetzt war die Mutter des Mannes alt und pflegebedürftig. Der Sohn wurde nun als Pflegeperson seiner Mutter anerkannt und geduldet. Somit war der Mann fast sein ganzes Leben lang in Deutschland – illegal, aber geduldet.
Das ist wohl gemeint, wenn von einer "Anti-Abschiebe-Industrie" die Rede ist. Deutschland ist ein Rechtsstaat, der endlich einsehen muss, dass es einen gravierenden Missbrauch des vorhandenen Bestandes an Rechtsmitteln gibt.