Die Feierlichkeiten zum runden Geburtstag des weltweit vielleicht bekanntesten Deutschen beginnen in Trier abends mit einem Festakt, auf dem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Rede halten wird. Gastgeberin ist Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Eingeladen sind der Trierer Bischof Stefan Ackermann, der ehemalige SPD-Politiker Kurt Beck, derzeit Vorsitzender der sozialdemokratischen Friedrich-Ebert-Stiftung, sowie rund 200 weitere Ehrengäste.
Was Karl Marx selbst von diesen Gästen halten würde, ist ungewiss. Sicherlich dürfte es den einen oder anderen, der seine politischen Überzeugungen an der Marx'schen Theorie orientiert, stören, dass ausgerechnet der Chef der Europäischen Union, die seit Jahrzehnten in krassem Widerspruch zu den Interessen der Arbeiterklasse eine uneingeschränkt neoliberale Politik verfolgt, eine Laudatio halten darf. Ebenso wenig wäre Marx wohl davon angetan, wenn er wüsste, dass ausgerechnet die Partei, die seit 1914 zigmal alle Prinzipien über Bord warf und die Arbeiter verriet, um in den Kreis der Herrschenden aufgenommen werden zu dürfen, sein Erbe für billige Propagandazwecke vereinnahmen möchte.
Am Samstag eröffnet im Geburtshaus des berühmten Gesellschaftskritikers eine neue Ausstellung. Stargast ist Fernsehmoderator Günther Jauch, der die Geburtsurkunde von Karl Marx vorlesen wird. Was verbindet TV-Star Jauch, der in letzter Zeit mehr mit Penis-Witzen auffiel als irgendein auch nur im Entferntesten mit Marx verwandtem Thema, mit Triers bekanntestem Sohn? Jauchs Ur-Ur-Ur-Urgroßvater Emmerich Grach, seinerzeit Triers zweiter Bürgermeister, unterschrieb die Geburtsurkunde von Marx. Anscheinend konnte oder wollte die Friedrich-Ebert-Stiftung, die das Karl-Marx-Haus betreibt, keinen geeigneten Gast für die Eröffnung finden, der zu einem relevanteren Thema wie etwa der sich unaufhaltsam zuspitzenden gesellschaftlichen Spaltung hätte referieren können.
Grüne und AfD protestieren gegen Statue
Am Samstag wird auch eine neue Karl-Marx-Statue enthüllt. Diese ist ein Geschenk der Volksrepublik China an die Moselstadt. Die meisten Trierer Politiker waren erfreut über diese Geste. Sogar CDU-Baudezernent Andreas Ludwig erklärte gegenüber dem SWR:
Dass das größte Land der Erde an die kleine Stadt Trier denkt, das ist doch toll.
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Ausgerechnet die Grünen und die AfD äußerten sich übereinstimmend gegen eine Annahme des Geschenks. Die Grünen warfen China Menschenrechtsverletzungen vor, weswegen man prinzipiell keine chinesischen Geschenke annehmen dürfe.
AfD-Politiker Michael Frisch begründete die Ablehnung seiner Partei mit Marx' politischen Ansichten. Er sei kein Humanist gewesen und habe überdies die parlamentarische Demokratie abgelehnt.
Durchsetzten konnten sich beide Parteien jedoch nicht. Schon im März letzten Jahres stimmte der Trierer Stadtrat der Annahme nämlich zu.
Die AfD will sich nicht geschlagen geben und hat für den Samstag einen Schweigemarsch durch die Innenstadt von Trier angekündigt. Ebenfalls demonstrieren wollen Die Linke und die Deutsche Kommunistische Partei – allerdings für Marx.
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