Klausurteilnehmer auf NATO-Linie - Wann genau wurde Stoltenberg ins deutsche Kabinett gewählt?

Auf Schloss Meseberg tagte das Bundeskabinett, um den Fahrplan für die Regierungsarbeit festzulegen. Geplante Themen wie die Dieselkrise gerieten in den Hintergrund, während der NATO-Generalsekretär Exklusivzugang zu bundesdeutschen Entscheidern erhielt.

Bei der ersten Klausur der neuen Bundesregierung in Meseburg, dem offiziellen Gästehaus der Bundesregierung, sollte es um die Auslegung des Koalitionsvertrages gehen. Der traditionelle Ausflug in das Barockschloss soll auch der Team- und Vertrauensbildung zwischen den Mitgliedern der neuen Bundesregierung dienen - alles im Interesse der Bürger, wie es scheint. Schön war es auf dem idyllischen Schloss Meseberg, es gab Rotwein, und die Stimmung war gut. Wegweisende Beschlüsse hatte die Kanzlerin am Ende der Klausurtagung jedoch kaum zu bieten, eher wiedergekäute GroKo-Versprechungen zurVollbeschäftigung und vage Äußerungen zu Dieselnachrüstungen und die Zukunft der Kohle. Zu Fragen nach konkreten Ergebnissen sagte die Kanzlerin:

Das Ziel der Klausur war nicht, eine detaillierte Vorhabenplanung zu diskutieren. Sondern das Ziel war, sich von außen her mal sagen zu lassen, was die Erwartungen an uns sind.

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Genau das tat ein besonderer Gast in Meseberg, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Erwartungen des NATO-Generalsekretärs sind nicht neu, forderte er doch wiederholt mehr Engagement von Deutschland im Bündnis. Auch diesbezüglich wurde Merkel nicht konkret, sondern betonte, dem Generalsekretär habe Deutschlands "vernetzter Ansatz" zugesagt, also die Verknüpfung von Militär- und Entwicklungsausgaben, welche unter anderem als brillanter sicherheitspolitischer Marketingtrick dazu beitragen soll, den deutschen Bürgern die Erhöhung der Militärausgaben besser verkaufen zu können.

Konkret wurde die Bundeskanzlerin jedoch scheinbar ausschließlich bezüglich des Themas, das alle anderen wie die brennende Kontroversen um die Dieselkrise komfortablerweise in den Schatten stellte - des vermeintlichen Giftgasangriffs in Syrien.

Auf der Pressekonferenz nach der Kabinettsklausur sagte Merkel:

Es gibt schwere Indizien, die in Richtung des syrischen Regimes zeigen. Auf dieser Grundlage werden weitere Bewertungen durchgeführt. Auf jeden Fall ist es absolut zu verurteilen, und zwar aufs Schärfste, dass solche Waffen zum Einsatz gekommen sind.

Am Vorabend des offiziellen Deutschland-Besuchs des NATO-Generalsekretärs hatten sich der neue deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) und Stoltenberg bereits zwei Stunden lang in "lockerer Stimmung zu ernsten Themen" im exklusiv für diese kleine Runde gemieteten Feinkostladen "Von und zu Tisch" unter anderem über den vermeintlichen Giftgasangriff in Syrien unterhalten, wie die BILD am Dienstag in gewohnt unkritischer Manier berichtete.

Am Mittwoch trat der deutsche Außenminister auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seiner schwedischen Amtskollegin entsprechend fordernd auf und bezeichnete es als "nicht haltbar", dass niemand für diese abscheulichen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werde. Im gleichen Vortrag hielt der deutsche Außenminister eine unmissverständliche Schuldzuweisung an Baschar al-Assad parat.

Der neue Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), sprach sich für eine militärische Vergeltungsaktion der USA in Syrien aus:

Ich halte es für richtig, dass man mit einem Militärschlag auf den Chemiewaffeneinsatz reagiert.

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Obwohl es keine Belege gibt, haben auch weite Teile der Medien bereits ein klares Narrativ. So agiert die Süddeutsche Zeitung erneut als NATO-Sprachrohr, indem sie Stoltenberg das Wort erteilt, der meint, Deutschland trage aufgrund seiner wirtschaftlichen Größe und seiner politischen Bedeutung eine besondere Verantwortung, und die "anderen Länder" wünschten sich von Berlin eine stärkere sicherheitspolitische Rolle. Eine Meldung, die keine ist, aber von mehreren Medien wie eine Neuigkeit aufgegriffen wurde, als handele es sich um einen Regierungsbeschluss, für den sich eine Klausurtagung gelohnt hätte.

Thomas Jordan und Sebastian Gierke, Redakteure der SZ, benötigen denn auch keinerlei Recherchen oder Belege, um schwerwiegende Schuldzuweisungen drucken zu lassen, wissen sie doch bereits:

Assad konnte seine Macht vor allem dank russischer Luftangriffe sichern - und dank der Hilfe aus Teheran. Aufgrund dieses Schutzes kann er, trotz schlimmster Kriegsverbrechen wie dem Einsatz von Giftgas, zuletzt im Anfang April in Duma, wohl durchkommen.

In der Welt geht die feindselige Agitation noch weiter. Beinahe empört darüber, dass die Bundesregierung und Europa nicht Teil der Koalition der Willigen gegen Assad sei, lautet die kriegstreiberische Überschrift "Warum kneift Deutschland mal wieder?"

Derweil gaben Mitarbeiter des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und des UN-Nothilfebüros (OCHA) in Syrien, also neutrale vor Ort befindliche Beobachter, an, es gebe dafür keine Beweise.

Beinahe zeitgleich mahnte der ehemalige britische Botschafter in Syrien Peter Ford in einem Interview mit dem BBC an, dass die fragwürdigen Aufnahmen der im Umfeld islamistischer Terrorgruppen operierenden "Weißhelme" offenkundig nach einer Inszenierung aussehen und jedes Kind verstehen könne, dass die Beweislage und Quellen für das derzeit auch von vielen britischen Medien übernommene Anti-Assad-Narrativ mit den impliziten Konsequenzen die Welt an den Rand einer globalen Katastrophe bringe.

Die Geschichte des Schlosses in Meseberg selbst spiegelt die durchwachsene deutsche Geschichte wider, wo ein Mausoleum an Gotthold Ephraim Lessing, den Dichter der deutschen Aufklärung, erinnert. Theodor Fontane bezeichnete es als "Zauberschloss" und erhielt dort seine Inspiration für den Roman "Effi Briest". Zum Ende des Zweiten Weltkriegs entschädigungslos enteignet, übernahm Mitte der 1990er-Jahre die Messerschmitt-Stiftung das Anwesen ohne konkretes Nutzungskonzept und vermietete es ab 2007 für eine symbolische Miete von 1,20 Euro langfristig als Gästehaus an die Bundesregierung.

Die Messerschmitt GmbH war laut der Internet-Enzyklopädie Wikipedia als nationalsozialistischer Musterbetrieb eines der leistungsfähigsten und produktivsten Flugzeugwerke des Zweiten Weltkrieges, das in Kooperation mit der SS Zwangsarbeiter in mehreren Konzentrationslagern beschäftigte, darunter auch sogenannte "Russenlager", welche auch bei Angriffen der Alliierten zu Schaden kamen. Die später durch Fusion entstandene Messerschmitt-Bölkow GmbH wurde zunächst von der Deutschen Aerospace AG übernommen und ging später in die EADS und damit Airbus auf. Das Gästehaus der Bundesregierung in Meseberg steht damit auf geschichtlich nicht ganz neutralem Fundament.

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Während die dort zur Klausur eingekehrten bundesdeutschen Entscheider, sowohl Kanzlerin als auch Minister, bei Amtsantritt auf das Grundgesetz vereidigt wurden und schworen, sie werden ihre "Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen", kam eines der eindeutigsten Ergebnisse der jüngsten Klausurtagung jedoch offenbar auch durch Einfluss eines nicht gewählten Entscheiders zustande.