Islam-Debatte: FDP-Chef Lindner will Kopftuchverbot für junge Mädchen

Soll Musliminnen unter 14 Jahren das Tragen eines Kopftuchs verboten werden? Aus den Reihen der liberalen Partei mehren sich die Stimmen, die das fordern - bis hin zum Parteivorsitzenden. Religionsunmündige Kinder dürften nicht dazu gedrängt werden.

Nach Österreich wird nun auch in Deutschland über ein Kopftuchverbot für Mädchen diskutiert. Angestoßen hat die Debatte hierzulande der nordrhein-westfälische Integrationsminister Joachim Stamp. Am vergangenen Samstag sagte der FDP-Politiker in der Bild-Zeitung, religionsunmündige Kinder dürften nicht dazu gedrängt werden, ein Kopftuch zu tragen. Daher sollte ein Verbot geprüft werden. Nur erwachsene Frauen könnten die Frage selbstbestimmt entscheiden. 

Der Westdeutsche Rundfunk hatte zuvor die NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler mit den Worten zitiert:

Einem jungen Mädchen ein Kopftuch überzustülpen, ist pure Perversion. Das sexualisiert das Kind. Dagegen müssen wir klar Position beziehen.

Der Bild sagte sie: "Lehrer beobachten an den Grundschulen immer häufiger, dass schon siebenjährige Schülerinnen mit Kopftuch in den Unterricht kommen." In Ausnahmefällen erschienen sogar schon Kinder mit Verschleierung in den Kitas.

FDP will NRW-Initiative in den Bundestag tragen

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner schaltete sich ebenfalls in die Debatte ein. Ein solches Verbot sei verhältnismäßig und stärke die Persönlichkeitsentwicklung der Mädchen, sagte er am Wochenende.

Es ist zugleich ein leider notwendiger Hinweis, dass unsere moderne Gesellschaft die individuelle Religionsfreiheit auch innerhalb von Familien verteidigt", so der Parteichef.

Lindner sagte nun - offenbar an die Adresse von Bundesinnenminister Horst Seehofer - statt sinnfreie Islam-Debatten zu führen, setze Stamp auf "Entscheidungen für eine fordernde, liberale Integrationskultur". Die FDP-Bundestagsfraktion werde sich nach der Osterpause mit dem Thema beschäftigen und prüfen, wie die NRW-Initiative in den Bundestag getragen werden kann.

Auch die integrationspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Linda Teuteberg, reagierte auf die Äußerungen ihres Parteikollegen. Sie begrüßte den Vorstoß von Stamp ausdrücklich. Damit Integration gelinge, müssten auch Konflikte in der Einwanderungsgesellschaft "offen und besonnen angesprochen werden", erklärte sie am Samstag.

Kritiker des Vorstoßes melden sich zu Wort

Kritische Reaktionen kamen von Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann: "Ich persönlich halte nichts von solchen Verboten", sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Toleranz, Weltoffenheit und Diversität gehörten in jede Schule und in jeden Kindergarten. "Deshalb arbeiten wir auch nicht mit Untersagen." Sie erwarte, dass bei Problemen in Kitas und Schulen mit den Eltern gesprochen wird.

Noch kritischer äußerte sich der Vorsitzende des Islamrats für Deutschland, Burhan Kesici: "Kopftuchzwang und Kopftuchverbot schlagen in dieselbe Kerbe: Beide entmündigen Musliminnen." Kesici nannte die Debatte "populistisch, symbolgeladen und inhaltsleer".

In der vergangenen Woche war das Kopftuchverbot das beherrschende Thema in Österreich. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sprach sich als Erster für ein Verbot in Kitas und Grundschulen aus. Danach griff auch der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Vorstoß auf und kündigte eine Gesetzesinitiative an. Eine entsprechende Vorlage soll bis zum Beginn des Sommers vorliegen. 

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(dpa/rt deutsch)